Jetzt muß Pieroth zu Hause bleiben

■ Magistrat verordnet sich nach Pieroths Abtauchen Urlaubssperre / Versorgungslage hat sich verbessert / KWV soll gemeinnützig werden

Ost-Berlin. Elmar Pieroth, reisewütiger Stadtrat mit Amtssitz im Roten Rathaus, wird in den nächsten beiden Monaten auf Spritztouren ins benachbarte Ausland verzichten müssen. Denn der frischgewählte Magistrat hat sich für Juni und Juli eine Urlaubssperre verordnet. Oberbürgermeister Tino Schwierzina (SPD) unterstrich gestern auf einer Pressekonferenz im Roten Rathaus, daß es, „wie bei zivilisierten Menschen üblich“, eine An- und Abmeldepflicht für die Mitglieder seiner Stadtregierung gebe.

Hintergrund für diese Entscheidung war das plötzliche Verschwinden des Wirtschaftstadtrats Pieroth. Der aus dem Westen importierte Ost-Politiker hatte über Pfingsten leere Regale in den Kaufhäusern leere Regale sein lassen und war ohne sich bei Schwierzina abzumelden - spurlos verschwunden. Gestern kehrte Pieroth zurück. Einem SFB-Reporter erklärte der Ex-Wirtschaftssenator, daß er über die Feiertage über die vielen Probleme nachgedacht habe, die er nun bewältigen müsse.

Nach Angaben des Oberbürgermeisters hat sich die Versorgungslage mittlerweile wieder gebessert. Am Pfingstsamstag seien genügend Brot und Getränke in den Geschäften vorhanden gewesen. Pieroth sei gebeten worden, jeden Tag die Versorgungslage abzufragen. Da noch Reste der Kommandowirtschaft existierten, müsse noch entsprechend verfahren werden, auch wenn dies nicht gewollt sei, sagte Schwierzina.

Der Magistrat beschloß in seiner ersten regulären Sitzung, die städtische Wohnungsverwaltung bis Ende Juni in gemeinnützige städtische Wohnungsgesellschaften umzuwandeln. Der Magistrat beschloß gestern, die Neuorganisation der elf bisher volkseigenen Betriebe mit etwa 436.000 Wohnungen in eigener Verantwortung zu betreiben. Die Fachaufsicht über die Kommunale Wohnungsverwaltung (KWV) übernimmt vom 11. Juni an Planungsstadtrat Clemens Thurmann (SPD).

In erster Linie verschaffte sich der Magistrat gestern aber zunächst einen Überblick in den einzelnen Ressorts. Eine Regierungserklärung will Schwierzina am 13. Juni abgeben. Bis zur nächsten Woche will der neue OB dann auch ein aussagefähiges Ergebnis des von ihm geforderten „Kassensturzes“ der Ostberliner Finanzen vorlegen. Die leitenden Angestellten des Roten Rathauses sollen unterdessen auf West-Niveau gebracht werden. Der Stadtrat für Inneres, Thomas Krüger, kündigte an, daß bereits an diesem Wochenende Weiterbildungskurse für 400 Mitglieder der Ostberliner Verwaltung in West-Berlin vorgesehen seien. Zu der Überprüfung der Lebensläufe der alten Mitarbeiter wollte Krüger noch nichts näheres sagen. Sie werde in der nächsten Woche abgeschlossen, sagte er.

ccm

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