Die Umwelt bleibt außer Verfassung

■ Verankerung im Grundgesetz ein weiteres Mal gescheitert „Todesstreifen“ als Ökobiotop / Feurige Reden am Tag der Umwelt

Berlin (taz/dpa) - Politiker aus Ost und West feierten den Tag der Umwelt mit schönen Reden und niedlichen Vorschlägen. Passend zum Gedenktag machten CDU und SPD in Bonn bekannt, daß die Aufnahme des Umweltschutzes als Staatsziel in das Grundgesetz gescheitert ist.

Am erneuten Aus der im Bundestag seit den 70er Jahren angestrebten Verankerung des Umweltschutzes im Grundgesetz gaben sich Opposition und Koalition gestern gegenseitig die Schuld. Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU -Fraktion, Friedrich Bohl, beteuerte: „Wir sind bis ans Äußerste gegangen.“

Zuvor hatte der SPD-Vorsitzende Vogel in einem Schreiben an CDU-Fraktionschef Dregger mitgeteilt, daß die von CDU/CSU und FDP vorgeschlagene Formulierung aus der Sicht der SPD nicht den Anforderungen genüge und keine Zustimmung finde. Während der nach langem Tauziehen zustandegekommene Satz „Die natürlichen Lebensgrundlagen des Menschen stehen unter dem Schutz des Staates“ von der SPD akzeptiert worden war, scheiterte der Kompromiß an der nachfolgenden Formulierung „Das Nähere regeln die Gesetze“. Dieser juristisch entscheidende Gesetzesvorbehalt würde nach Ansicht des SPD -Umweltexperten Schäfer den Umweltschutz im Grundgesetz zu einem „Staatsziel zweiter Klasse“ machen. Dem Wesen einer Staatszielbestimmung entspreche es, daß sie sich nicht ausschließlich an den Gesetzgeber richte, sondern auch bei der Anwendung der Gesetze durch Verwaltung und Rechtsprechung zu berücksichtigen sei.

Umweltverbände und Grüne fordern demgegenüber, das Recht auf eine menschenwürdige Umwelt als individuell einklagbares Grundrecht in die Verfassung aufzunehmen. Eine Staatszielbestimmung habe lediglich deklamatorischen Charakter. Aber selbst diese deutlich schwächere Alternative wird nun offenbar nicht mehr zustandekommen.

Bayerns Umweltminister Dick hat zum Tag der Umwelt vorgeschlagen, den Ex-„Todesstreifen“ der innerdeutschen Grenze zu einem ökologischen Biotop zu machen. Anstelle der feindseligen Grenze solle ein „friedliches Band ökologisch wertvoller und ästhetisch reizvoller Landschaften“ entstehen.

Umweltminister Töpfer verlangte ein weltweites Verbot der Ozonkiller FCKW (das in der BRD erst ab 1995 in Kraft tritt) und forderte „grenzübergreifendes Denken“ und „bewußtes Handeln“. Er schlug die Einrichtung eines jährlichen Berliner Forums für die Umwelt vor. Sein DDR-Kollege Steinberg sprach von „katastrophalen Folgen“ der Umweltverseuchung in der DDR, die „wir nun alle gemeinsam zurückzahlen müssen“. 44 Prozent aller industriellen Abwässer der DDR gingen ungeklärt in die Umwelt.

-man