„Politik allein schließt keine Anlage“

Rechtsanwalt Nikolaus Piontek ist langjähriger Klagevertreter gegen die Atomanlagen in Gorleben und Rechtsberater der niedersächsischen Verhandlungskommission  ■ I N T E R V I E W

taz: Die Vereinbarungen der rot-grünen Verhandlungskommission hören sich recht gut an. Kann man nun - genau zehn Jahre nach der Räumung des besetzten Platzes in Gorleben - auf den Ausstieg aus den Atomanlagen anstoßen?

Piontek: Ich finde diese Vereinbarungen sehr gut, nur muß man natürlich wissen, daß man mit politischen Willensbekundungen allein keine Anlage schließen kann. Dazu bedarf es harter juristischer Arbeit, und die wird in der nächsten Zeit zu leisten sein. Wir erwarten und gehen davon aus, daß die Menschen, die auf SPD-Seite die Verwaltung zu tragen haben, diese Beschlüsse mittragen.

Im Hinblick auf das Uralt-Atomkraftwerk Stade ist in der Vereinbarung von „starken Sicherheitsbedenken“ als rechtlicher Hebel für eine Stillegung die Rede. Darauf hat jedoch auch schon der als „Ausstiegsminister“ in Schleswig -Holstein kläglich gescheiterte Günter Jansen gesetzt. Geben Sie diesem Weg dennoch eine Chance?

Es kommt dabei auf zwei Dinge an. Zum einen auf gute technische Argumente - und da gibt es beim AKW Stade bessere, als sie Jansen beim AKW Brokdorf vorgefunden hat. Der Stader Reaktor ist nicht nur der älteste, er hat auch starke Versprödungen im Druckbehälter. Zweitens muß man geeignete Leute haben, um diese technischen Bedenken in Verwaltungshandeln umzusetzen bis hin zu einer Stillegungsverfügung.

Gegen das Endlager Gorleben will die rot-grüne Koalition in spe „im Rahmen des geltenden Rechts“ vorgehen. Was heißt das konkret?

Konkret ist zu überlegen, ob eine weitere bergrechtliche Genehmigung angesichts der Nichteignung des Salzstocks überhaupt erteilt werden kann. Die Genehmigung hierfür erteilt das Bergamt, das letzten Endes der Landesregierung untersteht.

Und bei der Pilotkonditierungsanlage, in der die abgebrannten Brennelemente für die Endlagerung zerschnitten werden sollen?

Da stehen ja noch die Betriebsgenehmigungen aus. Es ist rechtlich immer einfacher, keine weiteren Genehmigungen zu erteilen, als existierende Genehmigungen zurückzunehmen.

Das Endlager Schacht Konrad, einem weiteren wichtigen Element in der gesamten sogenannten Atommüllentsorgung, will man über das Planfeststellungsverfahren kippen. Kann da eine Bundesbehörde nicht eingreifen?

Möglicherweise schon. Aber das muß erstmal passieren.

Interview: usche