DDR:Tarifpoker bei Banken und Metallern

■ Gestern begannen die Verhandlungen in der Metallindustrie und bei den Banken

Berlin (taz) - Vier Wochen vor Einführung der D-Mark haben die Gewerkschaften in der DDR begonnen, um höhere Löhne als Ausgleich für die erwarteten Teuerungen zu streiten. Gestern traf sich zum ersten Mal die Gewerkschaft IG Metall, die mit jetzt noch 1,5 Millionen Mitgliedern die größte Einzelgewerkschaft ist, mit der Unternehmerseite. Auch Arbeitsministerin Hildebrandt war bei den Gesprächen dabei.

Über eine Erhöhung der Löhne und Gehälter auf 70 Prozent des bundesdeutschen Niveaus zum 1.Juli wollen die Metaller heute in der zweiten Runde verhandeln, wenn die Tarifpartner erstmals ohne Regierungsbeteiligung am Tisch sitzen. Verhandlungspartner sind auf der einen Seite die neuformierten Arbeitgeberverbände und auf der anderen Seite die IG Metall der DDR.

Während die Metallverhandlungen immerhin in Berlin stattfinden, wurden die Verhandlungen für die rund 60.000 Bankangestellten gleich dahin verlegt, wo das Geld sitzt: nach Frankfurt am Main. Auf Arbeitgeberseite neheme hier die großen Verbände des bundesdeutschen Kreditgewerbes sowie eine „Arbeitsgemeinschaft“ von Vertretern von DDR-Instituten teil. Die Arbeitnehmer werden durch die BRD-Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV), die Deutschen Angestelltengewerkschaft (DAG) und die DDR-Gewerkschaft Öffentliche Dienste (GÖD) vertreten. Die Federführung der Verhandlungen dürfte auf beiden Seiten bei den West -Vertretern liegen.

Die HBV und die DAG gehen mit verschiedenen Forderungskonzepten in die Verhandlungen. Die HBV fordert für die Bankangestellten eine Lohnerhöhung von linear 100 Prozent. Dies ergäbe für die meisten Beschäftigten ab 1. Juli einen Betrag von rund 2.000 D-Mark monatlich. Die Deutsche Angestelltengewerkschaft dagegen fordert eine differenzierte Angleichung an West-Einkommensverhältnisse. Einheitlich sollen die Gehälter um 500 DM angehoben werden. Außerdem soll es einen Zuschlag von 25 Prozent geben. Dies ergebe für die unteren Lohngruppen einen Zuschlag von 130 bis 140 Prozent und für die oberen von rund 50 Prozent. Nach Meinung des DAG-Verhandlungsführers Renner solle das westdeutsche Gehaltsniveau in spätestens zwei Jahren erreicht sein.

Bis zur Verhandlungsrunde am 15. Juni in Berlin soll ein Abschluß zustandekommen. Die Gewerkschaften für den Bankenbereich sind insofern in günstiger Position, als sie es hauptsächlich mit westdeutschen Großbanken zu tun haben, die im Eiltempo DDR-Filialen aufbauen werden. Für den Metallbereich und anderen Industriebranchen gilt dies nicht: hier ist das westdeutsche Kapital bislang eher spärlich vertreten.

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