Klage gegen Reaktorumbau abgewiesen

■ Vor dem Oberverwaltungsgericht verteidigte die Umweltbehörde der AL-Senatorin Schreyer zähneknirschend den Reaktorumbau am Hahn-Meitner-Institut / Weitere Schreyer-Auflagen vor der Betriebsgenehmigung?

Berlin (taz) - Der längst abgeschlossene Umbau des Forschungsreaktors am Hahn-Meitner-Institut (HMI) in Berlin -Wannsee war rechtmäßig. Das entschied gestern der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts Berlin, der die fast fünf Jahre zwischengelagerte Klage eines Reaktoranwohners gegen die erste atomrechtliche Teilgenehmigung für den Umbau abwies.

Das OVG-Verfahren bezog seine Brisanz am Ende weniger aus der Sachauseinandersetzung - umstritten ist insbesondere die Stadtnähe des Forschungsreaktors, der fehlende Schutz gegen Flugzeugabstürze und die ungesicherte Atommüll-Entsorgung als aus der gewandelten politischen Konstellation seit Erteilung der Teilgenehmigung durch den CDU/FDP-Senat im Jahre 1985. Dem Kläger saß in dem Verfahren nun als Beklagte die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz gegenüber, der die von der Alternativen Liste entsandte Umweltsenatorin Michaele Schreyer vorsteht. Die Senatorin liegt wegen ihrer kritischen Haltung gegenüber dem Forschungsreaktor nicht nur mit dem HMI und dem Bonner Forschungsminister Riesenhuber (als Hauptfinanzier) sondern auch mit der SPD-Senatsmehrheit seit Monaten im Dauerclinch. Nur zähneknirschend akzeptierte Walter Momper vor Wochen eine von Schreyer verlangte nachträgliche Anhörung der auf DDR-Gebiet lebenden ReaktoranwohnerInnen. Der Erörterungstermin ist im Juli.

In der Gerichtsverhandlung vor 150 ZuhörerInnen zerstörte am Dienstag der Schreyer-Abgesandte Franz Josef Kunert alle Hoffnungen der Klägerseite, die neue Behörde werde die Genehmigung vielleicht von sich aus widerrufen. Zwar würde man die „Entscheidung heute sicherlich anders treffen“, druckste Kunert. Die Teilgenehmigung sei jedoch innerhalb des Ermessens der damaligen Behörde vertretbar gewesen und deshalb „nicht rechtswidrig“.

Im Hause Schreyer ist man andererseits offenbar entschlossen, vor der noch ausstehenden Betriebsgenehmigung für den 10-Megawatt-Reaktor weitere Auflagenhürden zu errichten. So wird überlegt, ob zum Schutz gegen Hubschrauberabstürze nachträglich eine Stahlbetondecke über der Reaktorhalle eingezogen werden muß.

OVG-Präsident Dieter Wilke betonte bei der mündlichen Urteilsbegründung mehrfach, im jetzt abgeschlossenen Verfahren über die erste Teilgenehmigung habe nur der Sachstand und der Stand von „Wissenschaft und Technik“ zum Zeitpunkt der Genehmigung, also 1985, zur Debatte gestanden. Damit scheint für die Umweltbehörde der Weg für eine Neubewertung der Anlage im Rahmen der Betriebsgenehmigung prinzipiell offen.

Gerd Rosenkranz