: DDR rettet manche Sozialleistung
■ Babyjahr, Haushaltstag und mehr bleiben trotz Übernahme der bundesdeutschen Arbeits- und Sozialgesetze
Berlin (taz) - Die Arbeits- und Sozialministerin der DDR, Regine Hildebrandt, kann zufrieden sein. Die ab 1. Juli in der DDR geltenden Arbeits- und Sozialgesetze orientieren sich zwar weitgehend an den Regelungen der Bundesrepublik, doch wurden bisherige DDR-Spezifika erhalten. Die Regelung zum Babyjahr, der Haushaltstag und die betrieblichen Ferienheime bleiben den DDR-Bürgern erhalten.
Noch wird an einer Arbeitslosenversicherung gearbeitet, bei der die Arbeitgeber und Arbeitnehmer einen Prozentsatz von je 2,15 Prozent finanzieren müßten, sagte gestern Hildebrandt nach der Sitzung des Ministerrats. Sie erwartet für die DDR „zweifelsohne“ mehr als eine Million Arbeitslose. Zur Zeit sind 100.000 Menschen ohne Arbeitsplatz. Durch gezielte Förderung der Arbeitslosen und Umschulungen, will die Ministerin die Zahl doch „so gering wie möglich halten“.
Das Kabinett stimmte auch einem Gesetz zur Förderung des Mittelstandes zu, das die stellvertretende Regierungssprecherin Angela Merkel als „dringend geboten“ bezeichnete. Der Mittelstand hat inzwischen für die nächste Woche mit Streiks gedroht. Verschiedene mittelständische Interessenverbände forderten gestern von der Regierung „ultimativ“ ein tragfähiges Konzept für die Wirtschaft. Etwa die Hälfte der Betriebe seien gefährdet. Dadurch würden 350.000 Menschen arbeitslos.
Der Gesetzentwurf der Regierung sieht vor, Betriebe von der Finanzierung sozialer Leistungen im Gesundheits-, Kultur und Sportbereich zu entlasten. Wichtige soziale Bereiche der Betriebe, wie die Regelungen zum Babyjahr, die Freistellung zur Pflege erkrankter Kinder und der Haushaltstag, sollen jedoch erhalten bleiben, meinte Frau Hildebrandt. Auch das Betriebsessen, die Kinderferienbetreuung und die betrieblichen Erholungseinrichtungen sowie die Betreuung ehemaliger Betriebsangehöriger soll weiterhin gesichert werden.
Analog zur bundesdeutschen Regelung sollen Arbeitnehmer bei Krankheit den Lohn für sechs Wochen in voller Höhe von den Betrieben gezahlt bekommen. Ein weiterer Gesetzentwurf sieht vor, daß Betriebe ab einer bestimmten Größenordnung sechs Prozent Behinderte beschäftigen müssen. Während in der BRD 150 Mark als Ausgleichsabgabe bei der nichterfüllten Quote erhoben werden, soll diese in der DDR 250 Mark betragen.
bf
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