„Der große Bremer Zorn aufs BKA“

■ Ermittlungen gegen BKA-Rauschgiftfahnder beim Bremer Kokain-Coup / Kröning: Bremer Ermittlungsbehörden haben nur ihre Pflicht getan

Beamte des Bundeskriminalamts in Wiesbaden, die in den Bremer Kokain-Coup im Juni 1988 verwickelt waren, müssen sich jetzt selbst auf ein Strafverfahren gefaßt machen. Die Staatsanwaltschaft Wiesbaden ermittelt gegen BKA-Beamte wegen des Verdachts, „die Vertraulichkeit des Worts“ gebrochen zu haben: Die Beamten sollen illegal Telefone abgehört haben. Der zuständige Wiesbadener Oberstaatsanwalt Gerth bestätigte: „Das Verfahren ist inzwischen hier anhängig. Allerdings kommen wir im Augenblick nicht weiter, weil uns die Bremer Prozeßakten immer noch fehlen.“

Konkreter Vorwurf gegen die BKA-Rauschgiftfahnder: Nur mit einer Kette von Halbwahrheiten, fingierten Indizien und unbegründeten Verdächtigungen habe sie Staatsanwaltschaft und Amtsgericht Bremen seinerzeit zur Zustimmung zu den beantragten Abhörgenehmigungen bewegt. Mit ihnen wurden anschließend die Telefone von drei Südamerikanern angezapft, die sich möglicherweise nur zufällig in Bremen aufhielten, den Bremer Ermittlunsgbehörden vom BKA aber als mutmaßliche Drahtzieher im internationalen Rauschgiftgeschäft präsentiert wurden. Inzwischen ist unbestritten: Die 50 Kilo Kokain hatte das BKA selbst beschafft, selbst in die BRD geschmuggelt und dafür gesorgt, daß es in einem Bremerhavener Schließfach landete. Ebenso unbestritten: Der internationale Großdealer Hidalogo, den die BKA-Beamten so angeblich in eine Falle locken wollten, saß damals längst in einem südamerikanischen Gefängnis.

Mit welchen Tricks die BKA-Fahnder Staatsanwaltschaft und Gerichte in Bremen seinerzeit zur Genehmigung der Telefonüberwachung bewegten, behandeln Staatsanwaltschaft und Justizsenator in Bremen allerdings bis heute wie ein Staatsgeheimnis - auf ausdrücklichen Wunsch des BKA, wie der Senat jetzt die Grüne Abgeordnete Carola Schumann in einer Antwort auf eine kleine Anfrage belehrte. Die Geheimniskrämerei des BKA scheint auch den Bremer Ermittlunsgbehörden ausgezeichnet passen: Im Dunkel bleibt damit nämlich auch ihre eigene, wenig rühmliche Rolle in der Affäre: Wie gründlich die BKA-Anträge auf Telefonüberwachung seinerzeit geprüft und wie leichtfertig genehmigt worden sind, wird so ungeklärt bleiben. Außer Generalstaatsanwalt Hans Janknecht weiß bis heute niemand, welche Beweise das BKA gegen die drei beschuldigten Südamerikaner vorlegte, als es am 19. Mai 1988 um die Abhörgenehmigungen bat. Bis heute beließen es Justizsenator und Generalstaatsanwalt bei der Beteuerung, „rechts- oder pflichtwidrige Handlungen“ von Bremer Behörden habe es im Zusammenhang mit dem BKA-Coup nicht gegeben, alle „ergriffenen Maßnahmen zur Feststellung und Verhaftung Verdächtiger“ seien „angemessene Reaktionen auf Mitteilungen des BKA und von Interpol“ gewesen. Klartext der sybillinischen Formulierung, mit der sämtliche Schwarzen Peter dem BKA zugeschoben werden: Die Staatsanwaltschaft konnte nach dem vorgelegten BKA-Material gar nicht anders.

Allerdings hatte die Bremer Staatsanwaltschaft auch geprüft, ob sich die BKA-Fahnder obendrein noch zweier weiterer schuldig gemacht haben könnten: Der Verfolgung Unschuldiger und der Vortäuschung einer Straftat. Nach Rücksprache mit dem BKA sind diese Vorermittlungen inzwischen wieder eingestellt worden. Geblieben ist allerdings „der große Bremer Zorn auf's BKA“, so der zuständige Abteilungsleiter in der Bremer Justizbehörde, Hans Wrobel.

Nach Gesprächen zwischen Bremens Generalstaatsanwalt und dem BKA-Präsidium in Wiesbaden hoffen Generalstaatsanwalt Hans Janknecht und Justizsenator Kröning jetzt, daß das BKA sie künftig „in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Vorschriften umfassend über Erkenntnisse und Quellen“ informieren wird.

K.S.