Der Turm grünt nicht mehr

■ Traurige Episode in den Bemühungen um einen grünen Gürtel an der Prenzelberger Mauer / Das Projekt „Grüner Turm“ ohne Begründung abgerissen

Prenzlauer Berg. Früher durfte man nicht mal ran an die Mauer, jetzt sollen hier im Grünen Kinder spielen können, Erwachsene sich erholen. Der einstige Todesstreifen zwischen Eberswalder und Kopenhagener Straße und zwischen Helmut-Just -Straße und der Bornholmer Straße soll ein „Mauerpark“ werden, so die Idee einer seit dem Herbst gewachsenen Initiative von Bürgergruppen und Grünen aus dem Kiez und dem Stadtbezirksgartenamt. In mehreren Pflanzaktionen wurden Lupinen gesäht und Sträucher gepflanzt. Eins der wichtigsten Projekte war der „Grüne Turm“. Den gibt es nun nicht mehr.

Mitte März hatte Jörg Trölsch von der Grünen Liga Prenzlauer Berg ihn entdeckt: einen Grenzturm mitten auf dem Falkplatz, der für ein Umweltzentrum prächtig geeignet schien. Die Projektzeichnung zeigt ein üppig bewachsenes Haus; ein Geländer um das grüne Dach, auf dem Interessierte von der Westberliner TU eine Solarheizung bauen wollten; im oberen Stockwerk ein Zimmer für Gespräche; darunter ein Ausstellungsraum; im Erdgeschoß Teeküche und Toilette. Am 11. Mai riß eine Baubrigade der Grenztruppen den Turm ab. Warum, haben die Leute von der Grünen Liga bis heute nicht erfahren.

Anfangs sah es ganz gut aus für ihre Initiative. Jörg Trölsch hatte sich durch die Instanzenwege gequält und schließlich in Generalmajor Wöllner vom Grenzkommando Mitte (für die ganze Ostberliner Grenze verantwortlich) einen interessierten Partner gefunden. Am 1. April, so erzählt Trölsch, kam ein Oberleutnant beim Turm vorbei und sagte, die Grünen könnten ihn haben. Das Gartenamt fuhr Erde heran, man begann, rund um den Turm zu pflanzen und einen Zaun zu ziehen, die Tür zu reparieren.

Im nachhinein scheint es unmöglich, den Urheber des Abrisses herauszufinden. Der Rat habe „nichts damit zu tun“, erklärte der - bis vor kurzem - 1. Stellvertreter des Stadtbezirksbürgermeisters, Manfred Schmidt, der taz. Peter Schejok, leitender Baudirektor von Prenzlauer Berg, sprach hingegen von einer „im Rat ausgesetzten“ Entscheidung, wegen der Gefahr für im Turm spielende Kinder und wegen des ungewissen Bauzustandes.

Oberstleutnant Schüßler, Stellvertreter des Kommandeurs für Grenzschutz Prenzlauer Berg und Pankow, erwähnte eine Turm -Begehung am 7. Mai, an der auch zwei Ratsvertreter dabeigewesen seien, die den Stadtbezirksbürgermeister hinterher informieren sollten. Das Gutachten habe eine jährlich notwendige Summe für die Erhaltung des Turms von 300.000 Mark ergeben, der Instandsetzungsaufwand sei zu hoch erschienen. Den Grünen sollte anstelle des Turms ein Gewerberaum angeboten werden.

Das allerdings ist bis heute nicht passiert. Die Leute vom „Grünen Turm“ bekamen weder eine Auskunft noch eine Antwort auf ihren Antrag an den Rat des Stadtbezirks. Erst kurz vor dem Abriß flatterte ihnen ein Brief der Magistratsabteilung Innere Angelegenheiten ins Haus: Sie könnten den Turm für 100.000 Mark kaufen...

spac/su