„Restrisiko ist nicht auszuschließen“

■ Der Virologe Dr. Wolfgang Mields vom Bundesgesundheitsamt in Berlin über die Rinderseuche BSE und den Importstopp für Fleisch aus Großbritannien

taz: Wie gefährlich ist die Rinderkrankheit BSE (Bovine Spongiforme Enzephalopathie) für den Menschen? Ist der Genuß von Fleich verseuchter Tiere ein Risiko?

Dr. Wolfgang Mields: Diese Frage ist derzeit nicht eindeutig zu beantworten. Wir glauben, daß die Rinderkrankheit BSE auf die Schafskrankheit „Scrapie“ zurückgeht, die seit mehr als 250 Jahren in England bekannt ist.

In dieser Zeit sind keinerlei Anzeichen dafür aufgetreten, daß Menschen daran erkranken könnten. Überträgt man diese Erfahrung auf BSE, dann besteht mit allergrößter Wahrscheinlichkeit kein Risiko für den Menschen. Man muß allerdings eines dabei bedenken:

Der Erreger ist wahrscheinlich vom Schaf auf das Rind übergegangen, und wir können nicht mit Gewißheit sagen, daß er jetzt noch genau dieselben Eigenschaften besitzt. Ein Restrisiko ist also nicht ganz auszuschließen.

Wieviel weiß man denn wirklich über diese Erkrankung?

Die Daten sind unzureichend. Wir wissen noch viel zu wenig über die Krankheit. Wir können nur sagen, daß es sich hier mit größter Wahrscheinlichkeit um den Erreger der Schafskrankheit handelt.

Es gibt Berichte über Erkrankungshäufigkeiten bei Menschen, die Schafsaugen gegessen haben.

Es gibt drei Berichte über Juden im Libanon, Nordafrikaner in Frankreich und eine schafszüchtende Dorfgemeinschaft in der CSFR. Dort werden wegen eines gehäuften Auftreten der Jakob-Kreuzfeld-Krankheit (eine besondere Form der Enzephalopathie - die Red.) Zusammenhänge mit der Schafskrankheit vermutet. Einer genauen Beweisführung halten diese Berichte aber nicht stand. Ähnliche Häufungen gibt es auch in anderen Teilen der Welt, wo keine Schafe gezüchtet werden.

Halten Sie angesichts des beschriebenen Restrisikos einen Importstopp für britisches Rindfleisch für richtig?

Für den Importstopp gibt es zwei Gründe. Die Seuche ist mit bisher 14.000 Fällen in Großbritannien, derzeit 500 pro Woche, eine Bedrohung auch für die hiesigen Rinderbestände. Dazu kommt wie gesagt die potentielle Gefährdung für den Menschen. Es muß vorrausschauende Gesundheitspolitik sein, den Verbraucher in einer solchen Situation der Ungewißheit zu schützen.

Großbritannien und die EG-Kommission halten den Importstopp für eine protektionistische Maßnahme, um den bundesdeutschen Fleischmarkt zu entlasten.

Also ich bin Virologe und kein Landwirtschaftspolitiker. Deshalb kann ich Ihnen dazu nichts sagen.

Sind eigentlich in der Bundesrepublik oder andereswo schon Erkrankungsfälle bekannt geworden?

Bisher nicht. Im Emirat Oman sind allerdings Zucht-Rinder, die aus England importiert waren, erkrankt.

Läßt sich der Erreger bei befallenen Kühen vor dem Ausbruch der Krankheit überhaupt nachweisen?

Man kennt bisher keine Immunantwort im Tier, und damit hat man auch keinen Antikörper-Nachweis. Die einzig sichere Diagnose ist die Untersuchung des Gehirns nach dem Tod der Tiere.

Interview: Manfred Kriener