SPD rotiert um deutsche Einheit

■ Wedemeier im Urlaub, Dittbrenner stumm wie ein Fisch und Janz ohne Telefon

Kaum ist der Chef aus dem Haus, tanzen die Puppen. Ging es beim letzten Wedemeier-Urlaub lediglich um den Abriß des Senatsgästehauses, haben sich die Genossen für den aktuellen USA-Urlaub eine ganz andere Nummer vorbehalten. Während der Bürgermeister irgendwo im Land der unbegrenzten Möglichkeiten durch die Steppe reitet oder nichtsahnend anderen hart verdienten Vergnüglichkeiten nachgeht, hat ihm der eigene Parteivorstanddie Handlungsmöglichkeiten in dem aktuellen Politikfeld kräftig beschnitten. Getreu dem Motto: „Klaus, jetzt tust Du was wir sagen“, beschlossen die Parteivorständler um die SPD-Vorsitzende Ilse Janz, daß der Bremer Senat das deutsch-deutsche Werk im Bundesrat gefälligst abzulehnen habe.

Daß Wedemeier eigentlich das blanke Gegenteil will, hat der Spiegel vor knapp zwei Wochen zu erzählen gewußt. Bei einer Sitzung der SPD-Ministerpräsidenten in Bonn soll Wedemeier den Vorschlag gemacht haben, daß alle SPD-Regierungschefs zu Oskar wallfahren sollten, um den aus dem Parteiruder laufenden Kandidaten erstens zu besänftigen und zweitens von seinen Vorbehalten gegen Kohls Macherwerk abzubringen.

Zu dem Anti-Bürgermeister-Beschluß kam die SPD dabei gar nicht von alleine. Ausgerechnet die CDU brachte die Sozialdemokraten ins rotieren. Die verlangte nämlich per Antrag die Zustimmung zum Staatsvertrag, und verhandelt werden soll das Ganze nächste Woche in der Bürgerschaft. „Ein ausgesprochen dösiger Termin“, erkannte SPD -Parteisekretär Marckhoff richtig. Denn schließlich wollten die Bremer Genossen eigentlich abwarten, was die Bonner Genossen in den Nachverhandlungen mit Kohl erreichen. Im Fraktionsvorstand wurde ausdauernd gestritten, ob man den CDU-Antrag nicht einfach so plazieren sollte, daß er erst vertagt und dann sowieso nicht mehr aktuell ist. „Dittbrenner hat rotiert. Dem standen die Schweißperlen auf der Stirn“, weiß einer zu berichten. Schließlich hatte die CDU die SPD denn doch genötigt, den Staatsvertrag gleich als zweiten Tagesordnungspunkt zu debattieren, doch Dibbi, wie sein Fraktionsgeschäftführer Niestädt seinen Chef liebevoll zu nennen plegt, muß das Ganze ziemlich mitgenommen haben. Trotz des Versprechens von Niestädt, daß „Dibbi“ sich umgehend melden und öffentlich äußern werde, blieb der Fraktionsvorsitzende stumm.

Der SPD-Vorstand, immerhin, brachte es auf eine zweiseitige Stellungnahme zu deutsch-deutsch. Doch Nachfragen mochten auch die Radikalinskis im Parteihaus lieber nicht beantworten. Kaum war das Fax heraus, wurde das Telefon auf den Anrufbeantworter umgestellt.

Rosi Roland