FRISEUSENDISEUSEN

■ Musical Comedy von den „Wheelers“ im BKA

Murphy ist ungeschickt, aber ungemein sympatisch. Einsam steht er unter der noch einsameren Straßenlaterne, nur von Ferne darf er die schöne, unerreichbare Friseuse Betty anbeten. Da kommt pünktlich der gute Flaschengeist Hokus, um Murphy die berühmten drei Wünsche zu gewähren, Natürlich, schon nach dem ersten Wunsch ist Murphy Millionär, beim zweiten fällt sein verliebtes Auge auf Betty: „Oh Hokus, I wish to be wanted, really truely wanted.“ Murphys Wunsch geht prompt in Erfüllung. Nicht aber die schöne Friseuse, sondern die grausamen Agenten der gemeinen, geheimen Organisation „N.O.S.E.“ wollen Murphy. Nun ist er „really truely wanted: dead or alive“.

So einfach ist die Welt der Comedy, so wenig braucht sie, um Liebe und Leidenschaft, Gewalt und Verbrechen trashy and clashy auf die Bühne zu bringen. Und unvermeidlich kommt es zum Happy-End: Denn was wäre Murphy, was wären wir alle ohne die schöne Friseuse Betty?!

Hokus Help Us von den „Wheelers“ ist Mischung aus Fool -Comedy, Show und Musical und bliebe eine Klamotte, wenn tja, wenn sie eben nicht von den „Wheelers“, sondern zum Beispiel von ihren Fool-Kollegen „Pigeon Drop“ wäre.

Gary Edwards (nein, nicht Django, the hell!) spielt den Murphy so anrührend hilflos, daß man ihn nicht nur gern haben muß. Mehr noch: Man wünscht sich diese Welt bevölkert von diesen fettnäpfchensüchtigen Verlierern, her mit Woody Allen, her mit Buster Keaton, her mit Murphy, dann wären wir glücklicher. Murphy unterläuft die brutale Logik der Comedy mit gutem Theater. Heraus kommt Comedy, die angenehm oszilliert zwischen Kitsch und Wahrheit. Das ist das Leichte, das schwer zu machen ist: Chapeau, meine Herren!

Die Musiker sind gleichzeitig Akteure, wechselnd fliegend zwischen Band und Bühne. Die Musik wird, welche Wohltat, live gespielt und ist das Beste, was ich in diesem Genre seit langem gehört habe. Die Song sind inspiriert, manchmal vielleicht ein wenig zu amerikanisch, haben einen zielsicheren Theatereffekt. Drei Glanzlichter: Ein Schattenspiel mit nur zwei Taschenlampen, und heraus kommt grausigster expressionistischer Film der zwanziger Jahre! Das ist ehrliche, gute Handarbeit. Im Theater des Westens hätte man erstens diese gute Idee schon mal gar nicht und zweitens mit einem Aufgebot von zwanzig Scheinwerfern und Eins, Zwei, Drei-Effekten den Einfall tot-technisch kaputtinszeniert.

Glanzlicht Nummer zwei liefert Sängerin Neel Budding in einer Soul-Priest-Szene als schwarze Soul-Sängerin, die Inkarnation aller Mahalia Jacksons, die schwarze Übermutter plus deren Parodie. Meine Damen: Chapeau!

Endlich spielt Schlagzeuger Rudi Neuwirth Posaune ohne Posaune. Wie das? Tja, was ein richtiger Flaschengeist und „Wheeler“ ist...

Wolfgang Böhmer

Mi-So 20 Uhr, BKA-Zelt am Kreuzberg, noch bis 1.Juli