Keine Holter-di-Polter-Vereinigung

■ Konflikte im Vorfeld des ÖTV-Gründungskongresses in Magdeburg / Ost-Gewerkschafter pochen auf Eigenständigkeit / Schnellvereinigung mit der westdeutschen ÖTV stößt auf Kritik

Berlin (taz) - „Wir sollen geschluckt werden“, meint Michael Schöne, Vizechef der SPD im Bezirk Halle und Mitglied des Gründungsausschusses „ÖTV in der DDR“. Er meint damit den Umstand, daß die Gewerkschaft ÖTV in der DDR, die heute in Magedeburg aus der Taufe gehoben werden soll, sich wahrscheinlich schon im Herbst dieses Jahres wieder auflösen wird. Dann will die große bundesdeutsche ÖTV nämlich durch einen Beiratsbeschluß ihr Organisationsgebiet auf die DDR ausdehnen und damit der gerade gegründeten Ost-ÖTV wieder den Garaus machen.

Im Vorfeld des heutigen Gründungskongresses toben innerhalb der ÖTV - Ost wie West - heftige Konflikte darüber, wie eigentlich der Aufbau der Gewerkschaftsorganisation im Bereich des Öffentlichen Dienstes der DDR vollbracht werden soll.

Die ÖTV-Führung in Stuttgart hat sich inzwischen darauf festgelegt, daß der DDR-ÖTV lediglich eine Übergangsrolle zukommen soll hin auf dem möglichst kurzen Weg zur gesamtdeutschen ÖTV. Die Notwendigkeit, möglichst schnell zu wirksamer Interessenvertretung im Öffentlichen Dienst zu kommen, sei unabweisbar. Die bisher bestehenden neuen Gewerkschaftsinitiativen seien dazu nicht in der Lage.

Vor wenigen Tagen wurden deshalb Kooperationsabkommen zwischen der ÖTV (West) und einigen Einzelgewerkschaften der DDR geschlossen, deren Mitglieder in die zukünfitge gesamtdeutsche ÖTV überführt werden sollen.

Dagegen pochen Teile der DDR-Gründungsgruppen im Verein mit einigen aus dem Westen in die DDR delegierten hauptamtlichen ÖTV-Funktionären auf eine größere Eigenständigkeit der DDR -ÖTV. In dem Thesenpapier eines Westfunktionärs heißt es: „Die geplante Holter-di-Polter-Einverleibung der gerade gegründeten DDR-ÖTV setzt sich über die Interessen der DDR -Arbeitnehmer hinweg.“

marke