Aktionen gegen Studienbeschränkungen geplant

■ Möglicherweise bald Zulassungsbeschränkungen für alle Studiengänge in West-Berlin / Hintergrund ist der angeblich erwartete Andrang von StudentInnen aus der DDR / Studentenausschüsse (AStA) der Technischen und Freien Universität veranstalten morgen Aktionstag

West-Berlin. Einsteins Enkel müssen in Zukunft nach Westdeutschland abwandern, wenn - wie die ASten der Technischen Universität (TU) und der Freien Universität (FU) befürchten - beide Universitäten Zulassungsbeschränkungen auf alle Fächer einführen. Zusätzlich würde damit an den Schulen „ein Kampf um ein NC (Numerus Clausus)-Abitur entfacht“ und Frauen hätten noch geringere Chancen als bisher, einen Studienplatz zu ergattern, da für Männer mit Bundeswehr- oder Zivildienstzeit das Bewerbungsverfahren ohne NC gelte. Um mit „öffentlichem Druck“ für angemessene Studienplatzangebote und gegen die Einführung eines „flächendeckenden NC“ zu streiten, veranstalten die ASten der beiden Universitäten zusammen mit mehreren Schulen morgen einen Aktionstag. Für Mittwoch ist eine Demonstration geplant.

Entgegen dem Vorschlag der Wissenschaftssenatorin Riedmüller hatte es der Akademische Senat (AS) der FU Ende Mai abgelehnt, im Wintersemester einen NC für die Mehrzahl aller Studiengänge an der FU einzuführen. Auch der AS der TU hatte auf seiner letzten Sitzung am 5. Juni die Einführung genereller Zulassungsbeschränkungen in allen Studienfächern für das Wintersemester '90/91 und das Sommersemester '91 noch nicht beschlossen - es ist jedoch damit zu rechnen, daß dieser Beschluß nachgeholt wird.

Hintergrund des Vorschlags der Wissenschaftssenatorin sind Prognosen, nach denen im Herbst bis zu 10.000 studierwillige DDRlerInnen an die Westberliner Hochschulen drängeln werden. Die Einführung des NCs in den meisten Studienfächern wird dabei hinter dem Begriff „Quotenregelung“ versteckt: Damit solle, so die Senatorin, sichergestellt werden, daß Studienplätze zwischen BewerberInnen mit DDR-Abitur und solchen mit einer Hochschulzugangsberechtigung aus der BRD oder West-Berlin gleich verteilt werden. Letztendlich laufe es nach Ansicht der ASten jedoch darauf hinaus, den Zugang zu den Hochschulen noch mehr zu beschneiden.

Holt der AS der TU den Beschluß nach, sind neben den bisher zulassungsbeschränkten Studiengängen folgende Fächer nicht mehr frei zugänglich: Bauingeneurwesen, Maschinenbau und Verkehrswesen, Chemie, Informationstechnik im Maschinenwesen, Elekrotechnik, Energie und Verfahrenstechnik, Gebäudetechnik und Geologie. Für die FU empfahl die Senatorin in einem Schreiben an den Uni -Präsidenten Heckelmann über die bisher beschlossene Zulassungsbeschränkung für Germanistik/Deutsch und Geschichte hinaus noch die „unumgängliche“ Zulassungsbeschränkung für die Fächer Anglistik/Englisch, Nordamerika-Studien, Archäologie, Erziehungswissenschaften, Französisch/Romanistik - hier Spanisch und Italienisch -, Japanologie, Sinologie, Musikwissenschaft, Philosophie, Politologie/Sozialkunde und Soziologie.

StudienanfängerInnen, die im Wintersemester ein Studium anfangen wollen, sollten sich in diesen Tagen schleunigst um einen Studienplatz bewerben. Zwar haben sich die Akademischen Senate beider Universitäten bislang (noch) nicht für weitere Zulassungsbeschränkungen entschieden - per Ersatzvornahme könnte die Wissenschaftssenatorin die Zustimmung dieses Hochschulgremiums jedoch umgehen, und somit in Eigenverantwortung weitere Zulassungsbeschränkungen einführen.

maz