Keine schwule Schwimmparty

■ Ein völlig unrentables „Spaß-Bad“ in Essen fürchtet um sein Image / Erfolgreiche „Beach-Party“ ohne Fortsetzung / Plötzliche Bedenken gegen schwule Badefreuden

Das Gildehofbad in Essen ist ein Bad ohne Boden. Finanziell. Millionen um Millionen DM strömen jährlich in den arroganten Hochhausbau unweit des Essener Hauptbahnhofs. Allein 2,3 Millionen DM Pacht pro Jahr zahlt die Stadt Essen. Und dies noch 23 Jahre lang, so will es der Vertrag. Und dazu Betriebskosten in gleicher Höhe. Nur einen Bruchteil dieser Millionen kann das „Spaß-Bad“, das schon lange bei keinem Essener Politiker mehr ein Lächeln hervorzaubert, selbst erwirtschaften. Büroräume und Bibliothek in den oberen Stockwerten mietete die Stadtverwaltung schließlich selbst, um der gähnende Leere in dem ehrgeizigen Turm zu begegnen. Die das Desaster im Bad über Jahre zäh und erfolglos begleitenden Diskussionen der Lokalpolitiker bezeichnete der zuständige Schwimmbäder-Dezernent Ende letzten Jahres endgültig und entnervt als „Affentheater“.

Ausgerechnet dieses trübe Spaßbad in der Ruhrmetropole hat sich nun ein junger Veranstalter zum Domizil seiner „Beach -Partys“ erkoren. Die erste stieg Ende Mai, war erfolgreich und brachte der gebeutelten Stadt Essen eine sichere Miete. Beruhigt sah man also der zweiten, für Mitte Juni angekündigten Wasser-Feier entgegen. Bis man, so Paul Hoffmann, Chef des Essener Sport- und Bäderamtes, einen Prospekt zu sehen bekam, auf dem das Ereignis angekündigt wurde als: „Die erste schwule Badparty Europas“. Dazu auf der Gästeliste einige prominente Namen. Die prompte Absage der Beckenrand-Disco „begründet sich nun folgendermaßen“, wie Hoffmann auf Anfrage wortreich erklärt: Das Gildehofbad sei „ohnehin nicht so angesehen, wie es sein sollte“, und da habe man sich in der Verwaltung Gedanken gemacht, „ob durch eine solche Veranstaltung das schlechte beziehungsweise nicht so sehr gute Image des Bades verschlechtert würde“. Und kam zu dem Schluß: Schwule am Beckenrand mit einem Sektglas in der Hand sind nicht imagefördernd.

Außerdem ergebe sich das schwerwiegende Problem, gaben die Essener Badstrategen weiter zu bedenken, ob man rechtfertigen könne, daß für die Dauer der Party „die Bevölkerung ausgeschlossen ist“. Keine Rolle spielte bei diesen Überlegungen offensichtlich, daß sich fast die gesamte Essener Bevölkerung auch ohne schwule Badparty freiwillig und dauerhaft von der Benutzung des Bades ausschließt.

Wie auch immer. Was bislang kein Millionenverlust und kein Skandälchen schaffte - daß den stadtväterlichen Sorgen um das Image des Gildehofbades auch Taten gefolgt wären -, das schaffen nun unternehmungslustige Schwule. Die erste schwule Badparty in Europa findet nicht statt, das Image des Essener „Spaß-Bades“ ist zum ersten Mal gerettet.

Bettina Markmeyer