Arbeiterkammer will Senat zeigen, wo's lang geht

■ Ex-DGB-Chef Heinz Möller will sich auch als Kammer-Geschäftsführer nicht auf Rechtsberatung und Bildungsurlaube beschränken

Bremens Sozialdemokraten, Regierungsmitglieder inclusive, müssen sich warm anziehen. Ohne kräftige Änderungen insbesondere der Arbeitsmarktpolitik, könnten SPD und Senat künftig in eine verhängnisvolle kameralistische Zangenbewegung geraten. Neben der Handelskammer, die bereits auf einige Tradition bei der kritischen Begleitmusik der Senatpolitik verweisen kann, droht den Genossen jetzt auch ernstzunehmender Widerstand in den eigenen Reihen. Auch die Bremer Arbeiterkammer will sich ab sofort stärker in politische Debatten einmischen und sich davon auch durch alte Verbindungen zwischen Gewerkschaftsbewegung und Sozialdemokratie nicht mehr abhalten lassen.

Nachdrücklicher als bisher, kündigte Kammerpräsident Günter Spanjer gestern an, wolle man künftig in Bremen „arbeitnehmerorientierte Interessenlagen dokumentieren“ und als „eigenständige nicht übergehbare Positionen zum Ausdruck“ bringen. Die Zeiten, in denen die Arbeiterkammer sich auf vereinzelte kritisch

anmerkende Presseerklärungen zur Wirtschaftsförderungs-oder Wohnungspolitik in Bremen beschränkte, sollen endgültig vor

bei sein. Wenn es nach dem neuen Führungsgespann geht, dem neben Spanjer auch Bremens Ex-DGB-Chef Heinz Möller als

neuer Geschäftsführer der Kammer angehört, wird sich die Arbeiterkammer mehr und mehr zu einer Art Ideologie -Braintrust der

Gewerkschaften entwickeln und den Bremer DGB mit guten Argumenten, fundierten Analysen und politischen Strategien versorgen. Möller: „Wir sind zwar kein gewerkschaftliches Kampfinstrument, aber wir haben unsere Köpfe, um Arbeitnehmerinteressen zu vertreten.“ Wenn nötig, soll die Kammer dazu auch wieder von ihrem Recht Gebrauch machen, eigene Gesetzesinitiativen in die Bürgerschaft einzubringen.

Schon für den Herbst kündigte Möller einen „Bericht über die wirtschaftliche, soziale und kulturelle Lage der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Lande Bremen an“, bei dem es vermutlich nicht ohne eine Grundsatzabrechnung mit der Bremer Senatspolitik abgehen wird: Die personellen Voraussetzungen dafür

sind bereits geschaffen: Bei den letzten Beratungen über 7,6 Millionen-Etat der Kammer bewilligte der Kammer-Vorstand gleich drei Referenten-Stellen für „Grundsatzangelegenheiten“.

Kein Hehl machten die beiden Kammer-Chefs gestern aus ihrer Auffassung, daß die neuen Ziele noch besser zu erreichen wären, wenn Angestellten- und Arbeiterkammer künftig unter einem Dach mit einem Chef an einem Strang ziehen würden. Ein „aktuelles Thema“ sei die Zusammenlegung jedoch nicht.

Unabhängig von ihren politischen Initiativen will die Kammer ihren rund 130.000 Zwangsmitgliedern weiter mit Weiterbildungs-Lehrgängen, Bildungsurlauben, Rechtsberatungen und kulturellen Veranstaltungen zu Diensten sein.

K.S.