Verdammt teure Giebelbalken

■ Denkmalpfleger verhängte 1.000 Mark Buße für weißen Hausanstrich / Staatsanwältin: 8.000

Völlig ungerechtfertigt fand Hausbesitzer Hogenkamp den Bußgeldbescheid über 1.000 Mark, der ihm ins Haus geflattert war, nachdem er fünf Zierbretter im Giebel seines Hauses hatte weiß streichen lassen - und nicht „kackbraun“ wie vom Denkmalpfleger verlangt (vgl. taz vom 31.5.). Nach dem zweiten Verhandlungstag vor dem Bremer Amtsgericht drohten nun sogar 8.000 Mark Bußgeld.

Hogenkamp, dessen Nachbarn in der Ensemble-geschützten Hermann-Allmers-Straße zum Großteil die Holzelemente ihrer Häuser ebenfalls haben weiß streichen lassen, hatte Widerspruch gegen den Bescheid eingelegt. Denkmalpfleger Schöning und sein Vorgesetzter Oberregierungsrat Dr. Peter Hahn, zwei der vier Fachkräfte im fünfeinhalb Mitarbeiter starken Bremer Landesamt für Denkmalpflege, hatten am ersten Prozeßtag die Maßstäbe, aber auch die Arbeit ihrer Behörde am Beispiel des Hogenkampschen Hauses vorgeführt. Weswegen Verteidiger Reinstorf schloß: „In Wahrheit streiten wir hier über eine Geschmacksfrage.“

Die Denkmalpfleger hatten aber auch klargestellt, daß sie mit diesem dritten Bußgeldbescheid der 15jährigen Geschichte des Bremer Denkmalschutzes „einen Punkt setzen wollten“ als Reak Hier das Dach

rechts falsch, links richtig

tion auf Hogenkamps Versuch, „sich seinen Geschmack zu erkaufen“, daß sie „Ordnung bringen wollen in die Farbanstriche“ (Schöning) und sich „in einem Extremfall zum Bußgeldverfahren provoziert fühlen“.

Das Ehepaar Hogenkamp hatte am ersten Prozeßtag dagegen übereinstimmend ausgesagt, daß die Zusammenarbeit mit dem Denkmalpfleger über Jahre hinweg kooperativ und problemlos (Schöning bestätigte: „denkmalkorrekt“) gelaufen sei. Zigtausende hatte das Paar in Abstimmung mit dem Denkmalschutz investiert. Nur über die fünf Bretter im Rahmen des sonst genehmigten Farbanstrichs ließ sich der Denkmalpfleger auf keine Diskussion ein. Er schickte allerdings auch keinen Ablehnungsbescheid an den Hausbesitzer - so daß der bis zu dem überraschen

den Bußgeldbescheid auch keine Rechtsmittel dagegen einlegen konnte.

Gestern ging das Verfahren in die zweite Runde: Verteidiger Reinstorf ließ den vorsitzenden Richter 25 Aktenvorgänge in Sachen Farbanstrich aus dem Landesamt für Denkmalpflege vorlesen um zu beweisen, daß in keinem Fall einem Hauseigentümer in Bremen ein Genehmigungs bescheid für bloßen Hausanstrich geschickt wurde. Für Reinstorf ist deshalb klar: Der Farbanstrich (ohne bauliche Veränderungen) ist lediglich eine Sache von Abstimmung und Absprache und keineswegs genehmigungspflichtig. Er forderte deshalb den Freispruch für seinen Mandanten.

Staatsanwältin Cornelia Straßburger dagegen sieht Hausbesitzer Hogenkamp „der vorsätzlichen Ordnungswidrigkeit“ überführt. Ein Vorbericht in „buten & binnen“, das große Interesse der Presse am Verfahren und ein Brief Hogenkamps an den damaligen Bildungssenator Franke (der Senator für Bildung, Wissenschaft und Kunst ist die übergeordnete Obere Denkmalschutzbehörde) lassen die Staatsanwältin zu dem Schluß kommen, Hogenkamp habe sich „hartnäckig und dreist“ über die Behörde hinweggesetzt, „das Risiko kalkuliert“ und „offensichtlich unter Ausnutzung seiner beruflichen Position“

Einfluß bis in die senatorische Behörde hinein geltend gemacht. Sie unterstellt ihm als Filialleiter einer Volksbank „15.000 Mark netto im Monat“ und fordert 8.000 Mark Bußgeld. Das Urteil wird am Montag früh um 8.30 Uhr verkündet.

ra