Unsere Jungs sind gut in Form

■ Zu den Ausschreitungen bundesdeutscher Fans in Mailand

Daß die Gefahr bestand, und nicht zu knapp, war allen bekannt, die mit uns Deutschen schon mal was zu tun hatten; die Ordnungshüter wurden „bei deutschen Lauten schon seit Wochen viel wacher als zum Beispiel bei englischen“.

Das Problem bestand darin, daß im Taumel der Wiedervereinigung, die Italiens Politiker trotz großer Bedenken nun offiziell auch fördern, allzu offensichtliche Vorkehrungen gegen Teutonen inopportun schienen; die arroganten Auftritte deutscher Kanzler in Rom, von Schmidt bis Kohl, sind noch böse in Erinnerung. Polizisten, Zöllner, Ordner vermieden es daher strikt, die Leute von jenseits der Alpen zu reizen. Die Wagenladungen Bier und Schnaps, angesichts des Alkoholverbots am Spieltag vorsorglich mitgebracht, blieben daher ebenso unentdeckt wie die Kampfvorbereitungen der Nordmänner. Und während sich die öffentliche Aufmerksamkeit voll auf die vorsorglich auf Sardinien kasernierten Originalhooligans von der englischen Insel konzentrierte, beschränkten sich die Sicherheitsmaßnahmen in Sachen BRD - Jugoslawien allenfalls auf die Bezirke ums Stadion San Siro herum.

Wenn wir Germanen Randale wollen, schaffen wir auch das; dabei waren die Bilder vom Stadtzentrum mit den stockschwingenden und bierschwenkenden schwarzrotgoldenen Unterhemdträgern noch das wenigste; schlimmer die rassistischen Gesänge und Beleidigungen gegen alle anderen: Großdeutschland, wir hatten's ja schon, gegen den „Rest der Welt“.

Das Fernsehen zeigte - die Devise lautet immer noch „möglichst wenig Trouble mit den Deutschen“ - die 'Bild' -Schlagzeilen mit der Abstempelung der Schläger als „Fußballidioten“ und einer Art Entschuldigung „Wir schämen uns für sie.“ Doch gerade die Springer-Presse sollte da lieber leiser treten: Viel von der Hooliganwut mag nämlich just von diesen Medien verursacht sein, die weit über den Ärger bei der sicherlich oft unzureichenden Planung der WM hinaus seit Monaten massive Kampagnen gegen den Gastgeber führt - mal gegen das Urlaubsland, mal gegen die laschen Einwanderungsbestimmungen, mal gegen Italien als Wiedervereinigungshindernis. Daß schmalgeistige Draufklopper da schon vor dem Spiel ein bißchen Rache proben wollten, sollen sich die Scharfmacher aus Hamburg ruhig auch ans eigene Hemd heften.

Werner Raith