In 80 Jahren um die Welt

■ Jacques-Yves Cousteau, populärster aller Franzosen, hatte gestern Geburtstag

Seine Hakennase ist noch berühmter als der Zinken von De Gaulle. Seit Jahren ist „Le Commandant“ alias Jacques-Yves Cousteau der populärste aller Franzosen und rangiert weit vor Belmondo und Mitterrand, mit dem er 1981 fast um das Präsidentenamt gefochten hätte. Mit seinem Habichtsblick, der roten Wollmütze und einer Statur, gegenüber der Don Quichotte sich noch als Pummelchen ausmachen würde, ist Cousteau zu dem Prototyp des modernen Entdeckers geworden, ein Seefahrer mit Echolot, ein Öko-Korsar ohne Augenklappe, der, Hakennase voran, bei Wind und Wetter in See sticht, um singende Blauwale, laichende Kalamare und jungfräuliche Territorien zu schützen. Wer Ökologen fade findet - auf Cousteau wird gehört, und das nicht nur in Frankreich.

1943 erfand Cousteau, frisch mit dem Kapitänspatent der Marine versehen, eine neue Spezies: den Froschmann. Dank Cousteaus Sauerstoffgerät nabelte sich der Taucher von der Oberwasserwelt ab und schwebte von nun an fischgleich durch die Meere. Und weil die völlig neue Erfahrung des Froschmenschen eine allgemeinmenschliche werden sollte, nahm Cousteau auch eine Kamera mit ins Wasser. 1957 erhielt Jacques-Yves, der Seefahrer, für seinen Film Die Welt des Schweigens die Goldene Palme des Filmfestivals in Cannes und wurde zum Direktor des Meeresmuseums in Monaco ernannt. Kritiker warfen ihm die Unwissenschaftlichkeit seiner Arbeiten vor. „Wir betreiben weniger Wissenschaft als Abenteuer. Aber alles, was wir sagen, wird überprüft“, meint „Le Commandant“. Ohne spektakuläre Aktionen im Haifischkorb der „Calypso“, ohne Walgesang in Dolby-Cinescope würde sich keine Landratte für Leben und Leiden der Ozeane interessieren. Als späte Anerkennung wurde Cousteau im vergangenen Jahr in die „Academie fran?aise“ aufgenommen, den Tempel der „Unsterblichen“ des Geistes. Nachdem er seit Anfang der Siebziger vor den Gefahren von Meeresverschmutzung und Überbevölkerung gewarnt hat, streitet Cousteau seit letztem Jahr für eine Neufassung des Antarktisvertrags, um die größte Süßwasserreserve der Erde vor den Rohstoffpiraten zu schützen. Noch gestern nachmittag, an seinem Geburtstag, hielt Cousteau einen Vortrag über die Antarktis vor der Akademie der Wissenschaften. Ihm zu Ehren sendeten zahlreiche Fernsehgesellschaften rund um den Globus die faszinierenden Bilder seiner Unterwasser-Spaziergänge. Einsamer Höhepunkt: Ein wildgewordener Hai greift den Forscher an. „Ich bin nie ein Draufgänger gewesen“, wehrt der 80jährige heute ab. Mast - und Schotbruch, Kapitän!

Alexander Smoltczyk