Die Fürsten widersetzen sich Reformen

Plamen Barakciew, Mitglied des Koordinationsrates der oppositionellen UDK, über die Schwierigkeiten der Regierung, die Stärke der Partei und die Schwäche der Opposition  ■ I N T E R V I E W

taz: Vor den Wahlen hat die oppositionelle „Union der demokratischen Kräfte“ (UDK) erklärt, daß es keine Koalition mit der BSP geben wird. Wie sieht das jetzt nach dem hohen Wahlerfolg der Sozialisten aus?

Plamen Barakciev: Wir werden auch aus moralischen Gründen keine Koalition mit der BSP eingehen. Es ist eine Partei, die 45 Jahre Gewalt ausgeübt hat, und im Moment gibt es sehr schlimme Enthüllungen, was die ungesetzlich angehäuften Besitztümer der Mitglieder anbelangt. Die Partei hat ihr Eigentum überhaupt noch nicht offengelegt.

Glauben Sie, daß alle Parteien und Organisationen innerhalb der UDK so denken, oder gibt es welche, die zu einer Koalition bereit wären?

Man kann davon ausgehen, daß sich einige eventuell auf eine solche Koalition hin orientieren werden.

Würde die einen Zerfall der UDK bedeuten?

Ich schließe nicht aus, daß es einen Zerfall geben wird.

Gibt es die Gefahr einer Polarisierung der bulgarischen Gesellschaft?

Ich denke, wenn wir die Lage in Sofia unter Kontrolle halten, wird es zu keinen Ausschreitungen und keinen Problemen im Land kommen.

Wie schätzen Sie die Reformierbarkeit des Landes ein, wenn die BSP an der Regierung bleibt?

Die Nomenklatur und die örtlichen Fürsten sind so stark, daß sie sich den Reformen widersetzen könnten. Die Regierung ist dann vielleicht nicht in der Lage, damit fertig zu werden. Das Problem ist, daß die Kommunistische Partei im Moment nicht in der Lage ist, ihre eigene Mitgliedermasse zu kontrollieren.

Heißt das, daß das Land zur Zeit unregierbar ist?

Ja. Die Regierung ist nicht in der Lage, die Lage zu kontrollieren. Die Opposition ist zur Zeit auch schwach. Der heutige Tag zeigt das. Es ist für mich der kritischste Tag überhaupt in der Geschichte dieses Landes. Und dann gibt es noch eine dritte Kraft: Das ist die Masse und der Mob.

Denken Sie, daß sich auch die BSP verändern wird? Werden sich die orthodoxen Marxisten abspalten?

Das glaube ich nicht. Sie macht im Moment einen sehr einheitlichen Eindruck. Sie versucht immerhin, sich zu retten. Sie versucht, die Nomenklatur zu retten. Deshalb denke ich nicht, daß eine Abspaltung gerade in diesem Augenblick möglich ist.

Gretel Ruschmann