175 Jahre Schwarz-Rot-Gold

■ Burschenschafter halten an Deutschen Grenzen von 1937 fest / In der DDR gibt es mittlerweile achtzehn Verbindungen / Rechtsextremismus-Vorwürfe wurden zurückgewiesen

Berlin (taz) - Die „Wiege von Schwarz-Rot-Gold“ wird gerettet. Die Wiege, das ist der Gasthof „Zur grünen Tanne“, wo gestern vor genau 175 Jahren in Jena die „Urburschenschaft“ gegründet wurde. Und der Retter, das ist die „Deutsche Burschenschaft“ (DB), mit 130 Verbindungen der zweitgrößte Dachverband der korporierten Burschenschafter, der das historische Gasthaus am Stadtrand von Jena dem Abrißbagger abgetrotzt hat.

175 Jahre nach Gründung gibt es viel zu feiern: Als Gesamtverband „nach 40 Jahren Exil“ an die Wiege der Entstehung nach „Mitteldeutschland“ zurückkehren zu können, die Entstehung von bisher 18 eigenständigen Verbindungen in der DDR bejubeln und nicht zuletzt den Tag der deutschen Einheit am 17. Juni auf der Wartburg feiern zu können.

1815 habe es gegolten, die napoleonischen Fremdherrschaft abzustreifen, erklärten gestern drei der „Alten Herren“ von der Deutschen Burschenschaft bei einer Pressekonferenz in Ost-Berlin. Sie sahen historische Parallelen. Jetzt gehe es darum, das alte SED-Regime vollständig abzuschaffen.

Wenn am 17. Juni auf der Wartburg gefeiert wird, werden aus Studentenmund wieder einmal alle Strophen des Deutschlandliedes ertönen. „Wir halten an den drei Strophen fest“, erklärten die Verbandchefs, und aus ihrer Sicht mag das ja auch schlüssig erscheinen. Sie hielten auch gestern an einer Wiedervereinigung in den Grenzen von 1937 fest. Beim ersten Wartburgtreffen der Korporierten im vergangenen März war nach Zeitungsberichten aber nicht nur „Deutschland, Deutschland über alles“ gegrölt worden. Die trunkenen Studenten forderten beispielsweise auch den Anschluß Österreichs. Ganz so sei es nicht gewesen, sagte der Sprecher der drei „alten jenaischen Burschenschaften“ Gebietsansprüche seien keinesfalls aufgestellt worden. Er verwahrte sich: „Ich bin es leid, daß uns die Medien in die rechtsextremistische Ecke stellen.“ Wie in jedem Verband gebe es politische Flügel. Der überwiegende Teil der 22.000 „Alten Herren“ und der zwei- bis dreitausend „aktiven“ Studenten bewege sich in der „liberalen Mitte“. Extremismus finde unter den Burschenschaftern nicht statt, das politische Engagement, das von den Mitgliedern gefordert werde, bewege sich ausschließlich auf dem Boden des Grundgesetzes. Man setze sich zwar für die Minderheitenrechte der Deutschen im Ausland ein (wie beispielsweise in Südtirol), von einer staatlichen Vereinigung sei aber nirgends die Rede.

Wolfgang Gast