„Politik mag ich eigentlich nicht“

Heute spielt Ruben Sosa (24), Stürmer bei Lazio Rom und Unterstützer des uruguayischen Linksbündnisses Frente Amplio  ■  I N T E R V I E W

taz: Beim uruguayischen Wahlkampf im vergangenen Jahr bist du öffentlich, mit einem Wahlkampfspot im Fernsehen, für das Linksbündnis „Frente Amplio“ eingetreten. Wie kam es dazu?

Ruben Sosa: Meine ganze Familie ist in der Frente Amplio, und ich wollte auch von Europa aus etwas für mein Land tun.

Schiaffino, Uruguays Fußballidol aus der Weltmeisterelf von 1950, der auch lange in Italien spielte, hat dazu gesagt, der Herr Sosa solle sich lieber um das Fußballspielen kümmern, der wisse doch gar nicht, was in Uruguay vorgeht.

Ich glaube, daß Schiaffino über die Hintergründe, die zu dem Spot geführt haben, nicht Bescheid weiß, sonst hätte er so etwas nicht sagen können. Ich bin über die Vorgänge in meinem Land durch meine Familie sehr gut unterrichtet. Auch in Italien habe ich sehr viele uruguayische Freunde, die fast alle in der Frente Amplio sind. Den Spot habe ich mit ganzem Herzen gemacht, obwohl ich mich nicht ständig in Politik einmischen möchte. Ich mag die Politik eigentlich nicht. Ich bin Fußballspieler, und über den Fußball versuche ich den Menschen etwas über das kleine Land Uruguay zu vermitteln.

Nach dem Auftreten des Teams bei der WM 1986 in Mexiko ist das nicht gerade eine dankbare Aufgabe.

Klar, 1986, waren wir als Kloppertruppe verschrien, die einen schlechten Fußball spielte. Jetzt wollen wir das Gegenteil beweisen. Wir wollen zeigen, daß der uruguayische Fußball wieder besser geworden ist, daß wir - mit ein bißchen Glück - sogar das Finale erreichen können. Zumindest jedoch, daß wir es mit jeder Mannschaft der Welt aufnehmen können - und zwar mit fairen Mitteln.

Du warst vor vier Jahren nicht dabei, und es geht das Gerücht, daß der damalige Trainer Borras, der als ziemlich rechts gilt, dich aus politischen Gründen nicht mitgenommen hat.

Ach nein, das glaube ich nicht.

Lothar Matthäus nennt dich „einen der weltbesten Stürmer“. Zum WM-Titel braucht es mehr.

In Mexiko waren sehr viele gute Einzelspieler dabei, aber der Gruppenzusammenhalt war nicht so gut. Das ist jetzt viel besser. Wir haben eine Mischung aus erfahrenen Spielern wie de Leon, Gutierrez, Alzamendi, und jungen Leuten, die noch in Montevideo spielen. Gerade die werden sich in Italien, wo der beste Fußball überhaupt gespielt wird, besonders anstrengen, um vielleicht einen Vertrag in Europa zu bekommen. Die Harmonie in der Mannschaft ist prima, und das ist unser größter Vorteil.

Du bist einer von 800 uruguayischen Fußballspielern, die ihr Geld im Ausland verdienen. Kannst du dir vorstellen, zurückzugehen und für einen uruguayischen Verein zu spielen?

Ich bin ja erst 24, da habe ich sicher noch ein paar Jahre Fußball vor mir, obwohl ich schon lange dabei bin. Ich war 15, als ich bei Danubio Montevideo mein Debüt in der ersten Liga gab. Mit 17 bin ich bereits nach Europa gegangen, habe drei Jahre in Zaragoza in der ersten spanischen Liga gespielt und bin dann zu Lazio Rom gewechselt. Ich denke, daß ich meine Karriere in Europa beenden werde.

Danach gehe ich wahrscheinlich zurück, denn in Uruguay habe ich meine Familie und dort fühle ich mich zu Hause. Aber vorher möchte ich gerne noch bei einem der großen europäischen Clubs spielen: AC Mailand oder Real Madrid, das wär doch nicht schlecht, oder?

Interview: Gunnar Mittermaier