Dialogunfähig

■ Die neue Regierung in Israel

Israels Regierungskrise ist zu Ende. Seit Montag abend wird der jüdische Staat nach drei Monaten wechselnder Interimsregierungen wieder von einem Kabinett mit Knesset -Billigung regiert. Doch schon bei der Vorstellung der neuen Mannschaft durch den alten und neuen Regierungschef Schamir, war augenfällig, daß Israel nur zu bald in eine tiefe außenpolitische Krise trudeln wird. Denn die neue Rechtsaußen-Koalition von Likud und sechs rechten und religiösen Parteien stößt national und international auf ebenso einhellige wie scharfe Ablehnung. Schimon Peres, der Chef der israelischen Sozialdemokraten, merkte zur neuen Koalition lapidar an: „Die Schamir-Regierung löst keine Probleme, sie ist das Problem.“

Mit der neuen Regierung, in der ausgerechnet der Likud -Rechtsaußen, Ariel Scharon, zum neuen Wohnungsbau-Minister und Beauftragen für die Ansiedlung von Neueinwanderern avancierte, ist aber keineswegs die ganze jüdische Nation nach rechts gerückt. Denn das Zustandekommen der Rechtskoalition verdankt Schamir weit weniger hehren Überzeugungen als handfestem Posten- und Pfründeschacher. Schamir blähte sein Kabinett, um auch alle schwankenden Kandidaten bedienen zu können, kurzerhand auf 19 Minister auf, gab noch ein gutes Dutzend Stellvertreterposten drauf und die Regierung aus Rechten und Frommen stand.

Im neuen Kabinett werden nun die politischen Falken das alleinige Sagen haben. Die Bereitschaft zum Dialog mit den Palästinensern und die Einleitung eines umfassenden Friedensprozesses tendiert im Schamir-Kabinett gegen Null. Der Nahost-Konflikt wird daher an Schärfe zunehmen. Nicht zuletzt das veränderte Ost-West-Verhältnis und der politische Nahost-Rückzug der Sowjetunion machen dabei die Möglichkeiten der Einflußnahme von außen geringer.

Auch Arafats Führungsposition könnte durch das neue jüdische Kabinett in Frage gestellt werden. Denn der ohnehin seit langem glücklose PLO-Chef steht nun auch noch ohne potentielle israelische Ansprechpartner da. Diese peinliche Situation könnte dazu führen, daß sich noch mehr von der PLO enttäuschte Palästinenser der fundamentalistischen Hamas -Bewegung anschließen. Und am Ende würde aus dem Führer ohne Staat auch noch ein Führer ohne Volk.

Buchstäblich auf der Strecke aber werden vor allem viele palästinensische Jugendliche bleiben. Denn ihrer Hoffnungslosigkeit und Wut gedenkt das Schamir-Kabinett ausschließlich mit bewaffneten Soldaten und Siedlern zu begegnen.

Walter Saller