Rechtsextreme Mannschaft übernimmt Israel

■ Schamir stellt neue Koalition vor / Likud bildet Regierung mit Ultraorthodoxen und Rechtsextremen / Regierungskrise vorerst beendet / Scharon für Einwanderungsfragen zuständig / Sowjetische Juden sollen in die besetzten Gebiete / Internationale Ratlosigkeit

Jerusalem (afp/taz) -Knapp drei Monate nach dem spektakulären Bruch der „Koalition der Nationalen Einheit“ hat Israel eine neue Regierung. 62 der 120 Parlamentsabgeordneten votierten am späten Montag abend für das neue, stark rechtslastige Kabinett von Schamir, 57 stimmten dagegen und ein Abgeordneter enthielt sich der Stimme. Der 74jährige Schamir, zugleich Führer des rechtskonservativen Likud-Blockes, steht damit zum vierten Mal einer israelischen Regierung vor. Die neue Mannschaft setzt sich aus Vertretern des Likud, Rechtsextremen und ultraorthodoxen Religionsparteien zusammen. Insgesamt konnte Schamir die Stimmen von 40 Likud-Abgeordneten, 13 Parlamentariern kleinerer religiöser Gruppen, dreier Vertreter rechtsextremer Splitterfraktionen sowie zweier Abtrünniger der sozialdemokratischen Arbeitspartei und von vier Mitgliedern der orthodox-religiösen Partei „Agudat Israel“ auf sich vereinigen. Angesichts der knappen Mehrheit sind die neuen Minister gezwungen, so wenig wie möglich zu reisen, um bei Knesset-Abstimmungen stets präsent zu sein.

Unmittelbar vor der entscheidenden Abstimmung setzte Schamir noch einmal auf demonstrative Härte und kündigte ein scharfes Vorgehen gegen die seit 31 Monaten anhaltende Intifada in den besetzten Gebieten an. In geradezu provokanter Mißachtung arabischer und internationaler Proteste verkündete er ferner, Juden hätten das Recht, in ganz „Eretz Israel“ zu siedeln. Man werde die Siedlungspolitik „verstärken und ausbauen“, hieß es in der Regierungserklärung. Sowjetischen Juden würden bei der Ansiedlung in den besetzten Gebieten Unterstützung genießen.

Doch Schamir beschränkte sich bei seiner Demonstration von Unversöhnlichkeit und Kompromißlosigkeit nicht nur auf Worte. Mit der Ernennung des Ex-Verteidigungsministers und Likud-Rechtsaußen Ariel Scharon zum neuen Wohnungsbauminister und Vorsitzenden eines Kabinettsausschusses für die Integration jüdischer Einwanderer stellte Schamir klar, daß er seinen markigen Ankündigungen durchaus auch markige Taten folgen lassen will. Denn Scharons erklärtes politisches Ziel ist die Vertreibung aller Araber aus Israel. Neuer Außenminister und stellvertretender Ministerpräsident wird Scharons Vorgänger im Wohnungsbauministerium und Parteifreund David Levi. Verteidigungsminister wird der frühere Likud-Außenminister Mosche Arens, Finanzminister der ehemalige Wirtschaftsminister Jizchak Modai von der „Bewegung für die Erneuerung des Zionismus“. Insgesamt umfaßt das neue Kabinett 19 Minister sowie rund ein Dutzend stellvertretender Minister. Nur durch diese Minister- und Posteninflation war es Schamir möglich gewesen, alle zögerlichen Kandidaten durch die Zusicherung von politischen Pfründen für seine Minderheitsregierung zu gewinnen.

„Diese Regierung gibt vor, Probleme lösen zu können - in Wahrheit wird sie erst neue schaffen“, meinte der gedrückt wirkende Chef der Arbeitspartei, Schimon Peres, nach der Knessetsitzung am Montag abend. Schon zuvor hatte er Schamir im Parlament vorgeworfen, er wolle einen „Frieden ohne Araber“. Auch Ex-Verteidigungsminister Jizchak Rabin von der Arbeitspartei äußertes sich pessimistisch über die neuen politischen Realitäten. „In Wirklichkeit“, so Rabin, „wird die Regierung nicht von Schamir, sondern von Scharon geführt“.

Schon am Wochenende hatten sich zahlreiche arabische Führer besorgt über die neue Zusammensetzung der israelischen Regierung geäußert. Nach Ansicht von König Hussein von Jordanien stehen dem Friedensprozeß im Nahen Osten nun „schwere Zeiten“ bevor. Unterdessen versicherten US -Vizepräsident Quayle und Verteidigungsminister Cheney, die USA würden auch weiterhin eng mit Israel verbunden bleiben. Gleichzeitig appellierten sie jedoch an die Regierung, den seit langem geforderten Dialog mit palästinensischen Vertretern aufzunehmen. Dies freilich ist allenfalls ein frommer Wunsch - angesichts der neuen israelischen Kabinettsliste.

wasa