„Noch keinen Freispruch bekommen“

Die Staatsanwältin Sabine Schwarz arbeitet bei einem Sonderdezernat gegen Vergewaltigung  ■  I N T E R V I E W

München (taz) - „Gewalt gegen Frauen ist ein vieldiskutiertes Thema“, stellte gestern selbst die bayerische Justizministerin Mathilde Berghofer-Weichner (CSU) fest. Seit Anfang dieser Woche treffen sich in München 36 StaatsanwältInnen aus den verschiedenen Bundesländern, um ihre Erfahrungen zu genau diesem Thema auszutauschen. Sie alle leiten Sonderdezernate für Verfahren wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung. In Bayern existieren derartige Sonderdezernate inzwischen bei 12 der 22 bayerischen Staatsanwaltschaften. In Fürth arbeitet die 32jährige Sabine Schwarz im Sonderdezernat.

taz: Frau Schwarz, haben Sie sich diese Tätigkeit ausgesucht?

Sabine Schwarz: Nein, ich wurde eingeteilt, aber ich mache das unwahrscheinlich gerne, da kann man sich doch mehr engagieren als bei Verkehrsunfällen.

Glauben Sie, daß vergewaltigte Frauen, die den Mut aufbringen, den Täter anzuzeigen, lieber von Frauen als von Männern vernommen werden?

Nein, ich habe die Erfahrung gemacht, daß das gleichgültig ist, ob das Opfer von einem Mann oder einer Frau vernommen wird, wichtig ist das Einfühlungsvermögen und die sachliche Atmosphäre.

Haben denn Frauen, die lieber von einer Frau vernommen werden wollen, die Möglichkeit dazu?

Bei der polizeilichen Vernehmung ist das in den meisten Fällen möglich. Bei den Staatsanwaltschaften geht's schlecht, daß das Opfer eine Frau wählt, da wird nämlich nach den Buchstaben zugeteilt. Aber ich sage immer, so wie es Frauen gibt, die lieber zum Frauenarzt gehen als zu einer Ärztin, so ist es auch bei diesen Vernehmungen. Viel wichtiger ist die Situation und die sachliche Atmosphäre, in der die Vernehmung stattfindet.

Wie häufig haben Sie erlebt, daß die Täter auch verurteilt wurden, wenn Sie Anklage erhoben?

Ich habe noch nie einen Freispruch bekommen.

Worauf führen Sie das zurück?

Oftmals haben die Frauen eine laienhafte Vorstellung von Vergewaltigung, die rechtlich oft gar keine ist. So etwa der Fall einer Studentin. Der Täter hatte sie aufs Bett geschmissen und da sie nichts mehr sagte, ging der Täter davon aus, daß sie es wollte. Sie hätte ja aus der eigenen Wohnung gehen können oder ihm sagen können, daß sie nicht will. Sie hat es eben nur persönlich als leidvolle Erfahrung erlebt. Ich erkläre den Frauen dann, daß ich ihnen alles glaube, aber das nicht ausreicht für eine Anklage. Die Frauen können dann gut damit leben.

Interview: Luitgard Koch