„Schließlich ist das meine Koalition“

■ Der Regierende zeigte sich mit Blick auf die AL-MVV besorgt über Ausstiegstendenzen von Teilen der Partei

West-Berlin. Die „historische“ Mitgliedervollversammlung der Alternativen am kommenden Wochenende bereitet dem Landesvater offensichtlich Unbehagen: Immerhin war sie ihm Anlaß, gestern vor der Presse seine Anhänglichkeit für das rot-grüne Bündnis zu beteuern. Ein Signal in Richtung des kleineren, oft gescholtenen Koalitionspartners sollte es sein, daß man ihn doch zum Regieren dringend braucht. Denn alleine, darüber ist sich auch Momper völlig im klaren, sieht's bei Gesamtberliner Wahlen für die Sozln nicht allzugut aus. Und daß König Momper so rein persönlich mit Exmetropolen-Filialleiter Diepgen nicht kann, glaubt man ihm jederzeit. Als kleinstes gemeinsames Übel bleibt Momper nichts anderes als weiter auf die unbequemen und unzuverlässigen Alternativen zu setzen.

Ein kleiner Freudscher unterlief dem Regierenden in der Einleitung: „Die rot-grüne Koalition war stabiler, als alle Kritiker gehofft haben.“ Die SPD halte am Bündnis fest und setze auf Rot-Grün auch für Gesamtberlin. Denn, so Momper, er sei zwar nicht begeistert von der Koalition, sie sei aber politisch zweckmäßig. Immerhin reicht die Begeisterung so weit, daß er sie seinem lange zaudernden Kanzlerkandidaten empfahl. Jenseits aller Streicheleinheiten für die Erfolge der Regierungsparteien zeigte sich der Gesamtberliner Regierungschef in spe besorgt über die Ausstiegstendenzen von Teilen der Alternativen. An einem ließ er mit Blick auf die VV keinen Zweifel: eine Tolerierung kommt für die Sozialdemokraten nicht in Frage. Was er allerdings zu tun gedenkt, wenn die Koalition am Wochenende platzen sollte, verriet er nicht.

Wie die AL entscheidet, ist in der Tat kaum kalkulierbar, findet doch am Freitag abend zur Zeit der VV ein wichtiges Fußballspiel der WM (BRD - Vereinigte Arabische Emirate) statt. Was das für koalitionsrelevante Auswirkungen hat, darüber kann nur spekuliert werden. Zum Beispiel: Werden weniger Männer kommen, die vielleicht koalitionsfreundlicher sind? Die Zufälligkeit der Entscheidung könnte so in die Nähe von bezirklichen Vorentscheidungen rücken, wo sich etwa in Charlottenburg eine überwältigende Mehrheit für die Fortsetzung der Koalition aussprach - überwältigende 16 von 20 Anwesenden; oder in Kreuzberg, wo von 37 repräsentativen Anwesenden 22 gegen die Fortsetzung waren. Diese Unberechenbarkeit ist es auch, die den Regierenden umtreibt: „Schließlich ist das meine Koalition, und natürlich läßt es mich nicht gleichgültig, wenn der Koalitionspartner über diese Frage entscheidet.“

Kordula Doerfler