Nervosität

Helmut Haussmann will mehr DDR-Investitionen  ■ N O C O M M E N T

Berlin (taz) - Tyll Necker gibt sich derzeit noch wenig beunruhigt. In einem Fernsehinterview am Dienstag abend fand der Chef des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) die Investitionsbereitschaft seiner Unternehmer gar nicht so gering. Besorgter hatte sich zuvor Bundeswirtschaftsminister Helmut Haussmann auf der BDI-Jahrestagung geäußert. Für seine Verhältnisse eindringlich forderte er die Verbandsmitglieder auf, kleinliche Bedenken zurückzustellen, Unternehmergeist zu zeigen und in der DDR zu investieren.

Wenn sich ein Minister vor die wichtigsten Manager der Bundesrepublik stellt und solche Töne anschlägt, muß er düster in die Zukunft blicken. War er schlichtweg ehrlich, sind solche Aufforderungen Ausdruck zunehmenden Realitätsgewinns, sind seine Sätze - wie gewöhnlich - aus dem Understatement-Jargon ins Umgangsdeutsch zu übersetzen, hat er die Entscheidungsträger regelrecht angefleht.

Etwas mehr als zwei Wochen sind es noch bis zur Währungsunion, ein paar Monate wird es dauern, bis es sich jenseits aller Deklamationen abzeichnet, welche DDR -Firmenobjekte das Westkapital tatsächlich haben will. Die Währungsunion wird nicht gleich mit einer Investitionswelle beginnen. Die DDR wird mit Sicherheit über Monate hinweg von den Importen aus der BRD überschwemmt werden, und gerade die nachfolgende Pleitewelle wird das Terrain für die bundesdeutschen Unternehmer säubern - und dann ist immer noch dahingestellt, ob nicht Importe in die DDR sicherer bleiben als Investitionen.

Bei den Unternehmern scheint niemand bereit zu sein, sich nur der Regierungskoalition zuliebe in Abenteuer zu stürzen. Da könnte glatt der Eindruck entstehen, Oskar Lafontaines Basis säße anstatt in der SPD-Bundestagsfraktion beim BDI in Köln.

Dietmar Bartz