Danziger Werft verkauft?

Norwegischer Konzern will vorbehaltlich der Regierungsgenehmigung zum 1. August mit 50 Prozent einsteigen / Interessantes Lohn- und Technikniveau  ■  Aus Oslo Reinhard Wolff

Der norwegische Kvaerner-Konzern will die Hälfte der Aktien der Werft in Danzig übernehmen. Dies wurde nach dem Besuch einer Regierungsdelegation in Warschau jetzt in Oslo bekanntgegeben. Formal ist das Geschäft noch von der Genehmigung der polnischen Regierung abhängig. Diese sei aber, so Kvaerner-Chef Erik Tönseth, nur eine Formsache: „Wir haben eindeutige Signale seitens des Staatspräsidenten erhalten.“

Ohne daß bislang offiziell genaue Zahlen über den Preis des Aktienpakets genannt worden sind, war zu erfahren, daß Kvaerner 150 Millionen Kronen (umgerechnet 50 Millionen D -Mark) an neuem Aktienkapital zahlen soll, zusätzlich zu einem Darlehen von etwa 70 Millionen D-Mark. Die Danzigwerft, die bereits länger auf der Suche nach einem Kapitalgeber ist (siehe taz vom 22. 5.) , wäre damit auch preislich gegenüber bisher genannten Forderungen dem norwegischen Konzern erheblich entgegengekommen.

„Das bislang größte Ost-West-Geschäft überhaupt“ (Tönseth) ist für Kvaerner, der selbst bereits in Norwegen im Werftgeschäft engagiert ist, aufgrund der Struktur der Danzigwerft interessant. Obwohl diese bei Fachleuten als heruntergewirtschaftet gilt und derzeit nur halb ausgelastet ist, rühmte Tönseth das „technische Potential“. Während Kvaerner auf seinen eigenen Werften nur kleine bis mittelgroße Schiffe auflegen kann, ist die Danzigwerft für Pötte bis zu 400.000 Bruttoregistertonnen geeignet. Da Experten in den nächsten Jahren vor allem auf dem Tankermarkt - die Weltflotte ist stark überaltert - einen wahren Bauboom vorhersagen, zielt das Kvaerner-Engagement offensichtlich darauf ab, an diesem Geschäft teilhaben zu können.

Auch von der Personalkostenseite ist Polen für den Westkonzern anscheinend ein interessantes Investitionsterrain. Man gehe davon aus, so Kvaerner-Chef Tönseth, daß auf der Ebene der Personalkosten mit Werften in Jugoslawien, Südkorea und Taiwan mitgehalten werden könne traditionellen Billiglohnländern also. Die Belegschaft solle eher noch erhöht werden. Arbeiteten vor einigen Jahren noch über 10.000 Werftarbeiter auf der Danzigwerft, sind es heute noch gerade 6.500. Tönseth: „Trotz unserer Pläne für eine kräftige Verbesserung der Produktivität denken wir an eine Neueinstellung von mindestens 1.000 Arbeitern.“