Was tun mit dem Computerschrott?

■ Bisherige Entsorgung ist oftmals umweltschädlich / Auch Verlagerung nach Polen beobachtet / Viele Hersteller geben sich uninteressiert

Berlin (taz) - Selbst Computer segnen das Zeitliche. Leider ruhen sie nicht einfach in Frieden, sondern bereiten Sorgen mit ihrer Entsorgung. Rund 6.000 bis 10.000 Tonnen EDV -Anlagen werden in der BRD derzeit jährlich zu Sondermüll. Der High-Tech-Müll hat es sprichwörtlich in sich. In ausgedienten PCs finden sich Metalle wie Kupfer (12 bis 25 Prozent in Leiterplatten), Blei, Eisen und Nickel, zusätzlich Edelmetalle und hochgiftige Stoffe wie Silizium und Quecksilber. Neben Glas werden zum Computer- und Monitorbau etliche Kunststoffe wie PVC, Polyester und Phenolharze benutzt, oft mit Flammschutzmitteln und Bleizusätzen vermischt.

Bisher interessierte EDV-Recycling nur zum Zwecke der Wiederverwertung von Edelmetallen. Marktführer wie Degussa, Heraeus oder die Norddeutsche Affinerie benutzen Verschrottungsverfahren wie Verschwelung, Verbrennung oder Laugenbehandlung, die als Beiprodukte auch hochgiftige Dioxine und Furane freisetzen.

So verschwelt die Norddeutsche Affinerie in Hamburg jährlich tausend Tonnen ausgediente Elektronikplatinen, was auch noch hochtoxischen Pyrolyse-Koks abwirft. Nun hat sie eine Genehmigung für die Verarbeitung von 3.000 Tonnen beantragt. Für den Wissenschaftler Joachim Lohse vom Hamburger Institut für Ökologie und Politik ist dies, wie er dem Fachblatt 'PC-Woche‘ sagte, eine „grobe Fahrlässigkeit“. Messungen hätten ergeben, daß die Affinerie pro Tonne verbranntem Kunststoff das Fünffache der Dioxinmenge ausstoße, die eine normale Müllverbrennungsanlage für die gleiche Menge Plastik in die Luft abgibt.

Andere Elektronikverschrotter mußten nach Verstößen gegen Behördenauflagen und Gesetze schließen, etwa die Hüttenwerke Kaiser in Lünen oder die Schüller GmbH in Nersingen. Und die 'Computerwoche‘ berichtete, die Firma NE-Metall Mannheim habe ihre EDV-Verschrottung aufgrund von Protesten nach Polen verlagert.

Laut 'PC-Woche‘ kümmern sich Hersteller wie Zenith, Hewlett Packard oder Siemens nicht um die Recyclingproblematik. Bei Apple in München besteht ein Arbeitskreis zum Thema, IBM Schweiz prüft ein Entsorgungskonzept (siehe auch nebenstehende Meldung).

Als Flinkeste präsentierte sich jedoch Nokia Data. Wie schon auf dem Markt für strahlungsarme Monitore zeigt sie sich auch als Trendsetter für Computerentsorgung. Ihr jüngst mit dem Kölner Unternehmen Reichert Metalle erarbeitetes Entsorgungskonzept sieht ein Full-Recycling nach Fraktionenprinzip vor. Computerschrott soll nicht verbrannt, sondern handverlesen und nach Schrottart von unterschiedlichen Recyclingfirmen aufgearbeitet werden. So soll der Computermüll auf unter zehn Prozent seiner ursprünglichen Menge reduziert werden.

Die geregelte Entsorgung kann jedoch nicht die alleinige Lösung des Problems sein. In diesem Sinne fordert zum Beispiel die Umweltschutzorganisation BUND „ökologisches Design von Computern und ihren Mikroelektronikbauteilen, also von der Herstellung über den Betrieb bis zum Abfall umweltfreundliche Produkte“.

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