Harte Strafen für deutsche Hooligans

■ Sechs an der Randale in der Mailänder Innenstadt beteiligte Fußballfans wurden zu jeweils zehn Monaten Haft verurteilt / BRD-Innenminister Schäuble läßt vor dem morgigen WM-Spiel aufrüsten / Kritik an Sicherheitskonzept und Fanbetreuung / Medien an Eskalationsprozeß beteiligt

Berlin (taz) - Die italienische Justiz hat schnelle Urteile gesprochen, nachdem vergangenen Sonntag in der Mailänder Innenstadt deutsche Fans mit der Polizei aneinandergeraten waren. Die Zwischenbilanz: Sechs Fans wurden in Caprino Varese zu zehn Monaten Haft auf Bewährung verurteilt, sie wurden abgeschoben; in Brescia erhielten zwei Männer je ein Jahr Haft ohne Bewährung; am Dienstag Mittag verdonnerte ein Mailänder Gericht fünf Personen zu je zwei Jahren mit Bewährung; bei sieben Fans dauert der Prozeß beim Amtsgericht an.

Auch Innenminister Schäuble hat wie gewohnt reagiert: Er läßt vor dem morgigen Spiel gegen die Emirate (in Mailand) die Bahnpolizei im Bereich München durch Beamte des Bundesgrenzschutzes (BGS) verstärken. Auch der DFB reagierte promt: Sein Sicherheitsbeauftrager Willi Hennes hat die italienische Polizei vor den deutschen Fans gewarnt, eine Resolution wurde verabschiedet. Wesentlicher Inhalt neben allgemeinem „Entsetzen“: Die „Randalierer“ hätten „das Ansehen ihres Heimatlandes mit Füßen getreten sowie dem Fußballsport schweren Schaden zugefügt“. Teamkapitän Matthäus: „Wir distanzieren uns ganz klar von diesen Krawallmachern und hoffen, daß die Polizei ihnen das Handwerk legt.“

Es gibt indes auch andere Stimmen. Der Hamburger Bildungsreferent des CVJM, Klaus Janßen, wandte sich von Mailand aus an die taz: Die Darstellungen der Mailänder Ereignisse bedürften der Korrektur. Er habe die Auseinandersetzungen die ganze Zeit verfolgt, und bis die deutschen Fans von anderen provoziert worden seien, habe weitgehend Ruhe geherrscht, dann „erwies sich das Sicherheitssystem als hoffnungslos überrascht, überfordert und unfähig“.

Den angereisten Fußball-Anhängern bliebe nichts, als stundenlang in den Innenstädten herumzuhängen, Informationen auf deutsch würden nicht wie versprochen verteilt, für eine Flasche alkoholfreies Bier müßten 21 DM bezahlt werden. Und im Stadion hätten deutsche und jugoslawische Fans „bunt gemischt“ zusammengesessen.

Der Hannoveraner Gewaltforscher Dr. Gunter Pilz sieht „ein Klima der Angst, Sicherheitshysterie und Feindseligkeit geschürt“, und wenn die Medien zwar nicht Ursache für die Auseinandersetzungen wären, so doch sicher „das Schmieröl im Eskalationsprozeß“. An FIFA und DFB: Für die Fans werde vor Ort überhaupt nichts getan, bei „V.I.P.'s“ hingegen „keine Kosten und Mühen gescheut, den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu machen“.

-thöm