„Standort inoffiziell in Libyen“

Show down in der Rabta-Affäre: Hippenstiel-Imhausen packt aus / „Pharma 150“ in Rabta wurde von Imhausen gebaut Salzgitter wußte von Anfang an Bescheid, will aber nichts gewußt haben / Den Zweck der Anlage ließ „Hippie“ im Dunkeln  ■  Aus Mannheim Th. Scheuer

Was die Bonner Bundesregierung lange zu vertuschen versuchte, wurde jetzt von einem zu Protokoll gegeben, der es wissen muß: Dr. Jürgen Hippenstiel-Imhausen, Ex -Geschäftsführer und Noch-Gesellschafter der Lahrer Imhausen -Chemie, legte am Mittwoch vor dem Landgericht Mannheim ein Geständnis über seine und seiner Firma Rolle beim Bau der mysteriösen Chemiefabrik im libyschen Rabta ab.

Vor dem Kadi steht der Manager seit Montag wegen Verletzung des Außenwirtschaftsgesetzes und Steuerhinterziehung, hatte die ersten beiden Prozeßtage aber beharrlich zur Sache geschwiegen. Er sei nun doch „bereit, die Aspekte seiner persönlichen Sicherheit zurückzustellen“, erläuterte der Industrielle etwas salbungsvoll, um dem Gericht weiteren Ermittlungsaufwand zu ersparen, ein baldiges Ende des Verfahrens zu ermöglichen und die Bundesrepublik Deutschland wieder aus den Schlagzeilen der internationalen Presse zu bringen.

„Alles unter meiner Verantwortung“

Dann gestand der Manager aus Lahr: „Die gesamte Abwicklung der Geschäfte stand unter meiner Verantwortung.“ Im Sommer 1984 sei er mit Ihsan Barbouti, dem Generalunternehmer für das Technology-Centre Rabta südlich von Tripolis, zusammengetroffen. Die entsprechende Urkunde will Hippenstiel-Imhausen ebenso wie weitere Dokumente, Bankbelege usw. später vernichtet haben.

In Lahr gingen die Imhausen-Ingenieure an die Arbeit - und planten parallel gleich zwei Fabriken mit dem Titel Pharma 150, die zweite allerdings um zwei Drittel kleiner als die erste. Die erste wurde in Rabta gebaut und war Ende 1988, als die Sache aufflog, etwa zu 80 Prozent fertiggestellt. Die zweite wurde in Hongkong gebaut und diente als Bestell und Tarnadresse. Mit einem undurchschaubaren Geflecht aus Firmen und Holding-Gesellschaften in Deutschland, Hongkong, Liechtenstein und der Schweiz, an denen er selbst meist 51 Prozent hielt, komplettierte der promovierte Volkswirt Hippenstiel-Imhausen die Tarnung.

Die Steuerhinterziehung in Millionenhöhe begründete der Angeklagte nicht zuletzt mit Finanzbedarf für diese Tarnfabrik. Insgesamt habe er von der Vertragssumme über 255 Millionen auch „nur“ 209 Millionen D-Mark bekommen. Schon im Sommer, gleich nach Barboutis ersten Besuchen in Lahr, hatte Hippenstiel-Imhausen seinen alten Spezie Andreas Boehm angesprochen. Der war Geschäftsführer der SIG, einer Tochter des damals bundeseigenen Salzgitter-Konzerns, die schon seit langem eng mit der Lahrer Imhausen-Chemie kooperierte. SIG zeigte Interesse, die Detailplanung (Rohrleitungen, Elektronik usw.) für Pharma 150 zu übernehmen und lieferte später einen Großteil der Blaupausen.

Salzgitter will nie

etwas gewußt haben

Als die Rabta-Affäre im Januar letzten Jahres hochkochte, bestritt der Konzern zunächst jede Beteiligung. Als dann unstrittig war, daß Imhausen in Rabta nach SIG-Plänen gebaut hatte, behauptete die frühere Bundesfirma, sie sei von Imhausen getäuscht worden. Von den Plänen in Libyen wollte Salzgitter nie etwas gewußt haben.

Diese Konzernausrede entpuppte sich gestern als faustdicke Lüge: Hippenstiel-Imhausen sagte aus, er habe bereits im November 1984 SIG-Geschäftsführer Andreas Böhm eingeweiht: Der „Standort“ liege „offiziell in Hongkong, inoffiziell aber in Libyen“, habe er dem Duzfreund schon damals anvertraut. Das heißt: SIG spielte von Anfang an bei dem Tarnmanöver mit. Gegen SIG-Geschäftsführer Andreas Böhm und weitere SIG-Mitarbeiter wird übrigens nach wie vor von der Staatsanwaltschaft als Mitbeschuldigter ermittelt.

Über sein Geständnis hinaus wollte Hippenstiel-Imhausen weiterhin keine Detailfragen beantworten. Vor allem schwieg er sich konsequent über den wahren Verwendungszweck der Anlage aus. Die Staatsanwaltschaft gab sich jedoch zuversichtlich, mit ihren Beweismitteln im Verlauf des weiteren Verfahrens noch belegen zu können, daß Pharma 150 in Rabta von vorneherein als Giftgasanlage konzipiert hatte. Staatsanwalt Hans-Heiko Klein: „Da haben wir noch einige Pfeile im Köcher.“