Neue Besen fegen gut

■ 2.000 Mitarbeitern des Berliner Magistrats und der Stadtbezirksämter droht der Rausschmiß / Rotes Rathaus von etwa 1.000 aufgebrachten Demonstranten besetzt

Berlin (taz) - Die vom Magistrat eingeleiteten Maßnahmen zur Demokratisierung und Umstrukturierung der Stadtverwaltung sind gestern auf heftige Proteste gestoßen. Etwa 1.000 DemonstrantInnen besetzten das Rote Rathaus. Während einer heftig geführten Diskussion mit dem Berliner Stadtrat für Inneres (SPD) forderten sie lautstark dessen Rücktritt.

Hintergrund ist ein Beschluß der SPD-CDU -Koalitionsregierung, alle leitenden Posten in der Stadtverwaltung neu auszuschreiben. Am Vortag erhielten diese Kommunalpolitiker einen Brief, in dem ihnen mitgeteilt wurde, daß ihr Arbeitsverhältnis bis zum Abschluß eines Neubesetzungsverfahrens befristet werde. Wörtlich hieß es: „Wir weisen ausdrücklich darauf hin, daß ihr Arbeitsverhältnis endet, ohne das es einer Kündigung bedarf, wenn Sie auf Grund des bezeichneten Auswahlverfahrens nicht für die Stellenneubesetzung ausgewählt werden.“

Vor den Demonstranten nahm Krüger diesen Brief gestern wieder zurück. Wenn er ihn geschrieben hätte, „hätte der anders ausgesehen!“ sagte Krüger. Die Demonstranten forderten daraufhin, daß auch der Magistratsbeschluß zurückgenommen werden soll. Der Beschluß sieht vor, daß alle Mitarbeiter höherer Gehaltsklassen aufgefordert werden sollen, ihre Stelle von sich aus zu kündigen um damit den Weg für ein Stellenausschreibungsverfahren frei zu geben. Damit sollten die „verkrusteten Verwaltungsstrukturen, die von einem Unrechtsstaat installiert wurden“, verändert werden. Falls der betreffende Mitarbeiter selbst kündige, könne er sich auf die frei werdende Stelle bewerben und hätte „große Chancen“, wieder auf dem Posten zu landen. Mit denjenigen, die das Verfahren ablehnten, würde dann ein „persönliches Gespräch gesucht“, in dem ein Vertrauensverhältnis überprüft werden soll. Auch die Mitgliedschaft in der PDS sei kein Grund für eine Entlassung. Von dem Beschluß des Magistrats sind ungefähr 2.000 Mitarbeiter betroffen. Die Stellen sollen ab 15.Juli neu ausgeschrieben werden. Der Magistratsplan, auch „Aktion Besen“ genannt, sieht vor, daß die bisherigen Mitarbeiter solange die Stellung halten, bis die Posten neu besetzt sind. Ein definitiver Kündigungstermin wird ihnen nicht genannt. Nach Auffassung der PDS-Fraktion verstößt das gegen das Kündigungsschutzgesetz und das Betriebsverfassungsgesetz. Nach Informationen der taz wurde die „Aktion Besen“ im Westberliner Innensenat ausgeheckt. Aufgrund der harschen Proteste trat der Magistrat gestern abend zu einer Krisensitzung zusammen. Die Rücknahme des Beschlusses auf ganzer Linie wird nicht mehr ausgeschlossen.

Claus Christian Malzahn