Lehnstuhl

■ Teile der AL inszenieren den Ausstieg aus der Koalition

Mit einem „überlegten Ausstieg aus der Koalition“ wollen die Kreuzberger ALer und andere das rot-grüne Bündnis Ende Juni aufkündigen. Begründung: Die Koalition sei in ihren wesentlichen Zielen gescheitert. Der überlegte Ausstieg soll nicht in Neuwahlen münden, sondern in der Tolerierung eines SPD-Minderheitssenats. Doch darauf wird sich die SPD nie und nimmer einlassen. Aber die Sehnsucht in der AL nach der unbefleckten Oppositionsrolle ist immens. Bezeichnend im Ausstiegsantrag ist auch, was man sich bis zu Gesamtberliner Wahlen vorgenommen hat: Die Positionen sollen „im Rückblick auf die Senatsbeteiligung“ überprüft werden. An dieser Formulierung wird das ganze Dilemma der AL sichtbar: Anstatt sich den - nicht nur positiven - Anforderungen zu stellen, die mit der Einheit auf diese Stadt zukommen, soll die verlorengegangene Identität als Oppositionsbewegung wiederhergestellt werden. Auf Rot-Schwarz läßt sich's noch besser schimpfen und bequem in den Lehnstuhl der Opposition zurückziehen. Die Chance eines rot-grünen Bündnisses auf Gesamtberliner Ebene ist damit verspielt, aber vielleicht ist das genau das Kalkül.

Kordula Doerfler