Iliescus Schläger haben Bukarest im Griff

■ Rumäniens Präsident mobilisierte 10.000 Bergarbeiter als Einsatztruppe gegen die Opposition / Sieben Tote und Hunderte Verletzte in Bukarest / Parteizentralen der Opposition verwüstet / Innenminister entlassen / Iliescu verweigert jeden Dialog mit der Opposition

Bukarest (afp/ap/taz) - Mit Eisenstangen und Knüppeln bewaffnete Bergarbeiter und Soldaten kontrollieren seit gestern das Zentrum der rumänischen Hauptstadt. An strategischen Punkten sind Schützenpanzer der Armee aufgefahren. Nach schweren Auseinandersetzungen, die auf die polizeiliche Räumung des von der Opposition seit 53 Tagen besetzten Universitätsplatzes folgten, ließ Präsident Iliescu aus zahlreichen Kohlerevieren über zehntausend Bergleute nach Bukarest schaffen. Noch am Donnerstag bedankte er sich bei ihnen für die „proletarische Solidarität“ bei der Niederschlagung des „faschistischen Umsturzversuchs“. Mindestens sieben Personen wurden von Soldaten und Anhängern des Regimes getötet, Hunderte verletzt. Bergarbeiter stürmten und plünderten die Hauptsitze der beiden größten Oppositionsparteien, verwüsteten die Architekturfakultät, Zentrum opponierender Studenten, und bedrohten in- wie ausländische Journalisten.

Fast acht Wochen lang hatten Anhänger der Opposition den Platz vor der Universität besetzt gehalten und zur kommunistenfreien Zone erklärt. Ihre Hauptforderungen: keine Exkommunisten in öffentlichen Ämtern und freier Zugang der Opposition zu den Massenmedien. Am Mittwoch morgen prügelten Polizisten den Platz frei. Doch schon am Nachmittag kamen die Demonstranten zurück. Noch am Abend stürmten Anhänger der Opposition im Lauf der Auseinandersetzungen mit der Armee das Präsidium der Polizei. Ein Teil des Innenministeriums brannte bis auf die Grundmauern ab. Das Bukarester Fernsehen wurde eine Stunde lang besetzt, bis Fallschirmjäger auf dem Dach des Gebäudes landeten.

Den Einsatz von Kohlearbeitern, die in Rumänien traditionell privilegiert und der Staatsführung verbunden sind, begründete die Regierung mit der „Schwäche der Polizei“ und ihrem „Mangel an Entscheidungsfreude und Professionalität“. Die Öffentlichkeit wurde mit Flugblättern, die aus Armeehubschraubern über dem Zentrum Bukarests abgeworfen wurden, aufgefordert, die „Bergarbeiter nicht zu provozieren“. Militärs verteilten Brot und Milch an die Hilfstruppen aus den fernen Kohlerevieren. Per Lautsprecher wurden die Bergleute angewiesen, oppositionelle Kräfte festzunehmen und zum Abtransport auf bereitstehende Lastwagen zu bringen.

Innenminister Chitag wurde noch am Donnerstag seines Amtes enthoben und durch Doru Diorel Ursu ersetzt. Einen Dialog mit „organisierten Gruppen“ der Opposition lehnte Präsident Iliescu am Donnerstag explizit ab. Tagesthema Seite 3