Bonn und Berlin: Es wird entschädigt

Bonn und Berlin einigen sich über die Rückgabe oder finanzielle Entschädigung enteigneten Vermögens / Rechte der DDR-Bürger bleiben gewahrt / Die unter alliertem Recht bis 1949 vollzogene Bodenreform und die Enteignung der großen Industrie bleiben tabu  ■  Aus Berlin Matthias Geis

Die Regierungen der beiden deutschen Staaten haben sich grundsätzlich über die Behandlung offener Vermögensfragen geeinigt. Enteignetes Eigentum soll danach grundsätzlich an die Besitzer bzw. ihre Erben zurückgegeben werden. Wo dies nicht möglich ist, ist eine finanzielle Entschädigung vorgesehen. Während in den letzten Tagen gemutmaßt wurde, daß die Bonner Seite auch die auf alliierter Rechtsgrundlage vorgenommenen Enteignungen zwischen 1945 und 49 in Frage stellen wolle, schließt die jetzt veröffentlichte Vereinbarung diese Fälle grundsätzlich aus. Die Regierungen der DDR und der Sowjetunion sähen „keine Möglichkeit, die damals getroffenen Maßnahmen zu revidieren.“ Die Regierung der Bundesrepublik nehmen dies „zur Kenntnis“, heißt es zurückhaltend in der gemeinsamen Erklärung.

Damit stehen, laut de Maiziere, die Ergebnisse der Bodenreform, und die industriellen Enteignungen aus dieser Zeit nicht in Frage. Auf die Frage, ob es darüber in den Verhandlungen mit Bonn von Anfang an Einvernehmen gegeben habe, meinte de Maiziere sibylinisch, nach einer erzielten Einigung sei es nicht angebracht, über die „Strapazen des Verhandlungsweges“ zu berichten. Immerhin enthält die gemeinsame Erklärung einen Passus, demzufolge erst ein em künftigen gesamtdeutschen Parlament „eine abschließende Entscheidung“ vorbehalten bliebe.

Für alle Enteignungen nach 1949, von denen vor allem Flüchtlinge aus der DDR betroffen sind, sieht die Vereinbarung zwar grundsätzlich die Rückgabe vor. Treuhandverwaltungen und Verfügungsbeschränkungen über Grund - und Gewerbeeigentum werden aufgehoben; allerdings sind wesentliche Ausnahmeregelungen bzw. Einschränkungen formuliert. So sollen alle Rechte von DDR-Bürgern, die Eigentum nach geltendem DDR-Recht erworben haben, auch dann erhalten bleiben, wenn frühere Eigentümer ihre Rechte geltend machen. In diesen Fällen wird den früheren Eigentümern entweder finanzielle Entschädigung gewährt oder alternativ ein vergleichbares Objekt angeboten. Auch die Rückübertragung von Eigentumsrechten an Grundstücken auf denen in der Folgezeit Siedlungen errichtet wurden, ist nicht vorgesehen. In diesen Fällen wird finanziell entschädigt. Das gilt auch für enteignete Betriebe, die in neue Unternehmenseinheiten einbezogen wurden.

Werden Gebäude an frühere Besitzer zurückgegeben, soll der Mieterschutz und die bestehenden Nutzungsrechte von DDR -Bürgern „wie bisher gewahrt“ werden. De Maiziere erklärte hierzu, daß sich auch für diese Objekte die zu erwartenden Mietsteigerungen an die Reallohnentwicklung angekoppelt werde.

De Maiziere kündigte an, daß für die Entschädigungszahlungen ein vom Staatshaushalt getrennter Fond gebildet werde. Ab sofort dürfen keine Grundstücke veräußert werden, an deren Rechten Unklarheit besteht. Alle Transaktionen seit dem 18.10. werden überprüft.