Schlafmützen

■ Betr.: SPD und Staatsvertrag, u.a. taz vom 9. und 12. Juni

Verehrte taz-Redaktions-Mannschaft, Einsicht soll mitunter vorkommen, - selbst in taz-Redaktionsstuben. Zumindest den Kollegen Sport-Redakteuren ist sie zueigen, - war sie es jedenfalls, als sie für die Dienstags-Ausgabe in erfrischender, entwaffnender Offenheit titelte:„Auch notorische taz-Nörgler müssen ... allerhöchste Achtung zollen.“ Schade nur, daß derlei Selbstkritik unter taz -Berichtern ein offenbar singuläres Ereignis ist und allemal in der Bremer Lokalredaktion - ein gänzlich anderes Selbstverständnis gepflegt wird. Jenes nämlich: Wir haben immer recht, wir wissen es immer besser, und was von der SPD kommt, ist allemal wert, niedergemacht zu werden. Jüngstes Beispiel in der Kette der kaum zufälligen, eher schon mutwilligen, weil bösartigen Verdrehungen und üblen Nachreden: Die taz-Reflektionen über die Haltung der Bremer SPD zum Staatsvertrag. Da muß doch - man mag's kaum glauben

-die versammelte, sonst so forsche taz-Redaktion über Monate tief und fest geschlafen haben. Guten Morgen!, wertes taz-Team, die Schlafmützigkeit, die Sie uns in Bezug auf die deutsch-deutschen Entwicklungen vorwerfen, fällt auf Sie selbst zurück. Sie erinnern sich nicht? taz-Redakteure waren dabei, z. B. am - 04. Dezember 1989, als der SPD -Landesparteitag eine harsche Abfuhr an des Kanzlers 10 -Punkte-Plan formulierte, ebenso am - 12. Mai 1989, als die Landesvorsitzende - vor Oskars Einspruch - mit Blick auf den Staatsvertrag formulierte: „Diesen Weg gehen wir nicht mit! „ Daß es daneben noch eine Reihe von Pressemeldungen gab, die die taz in üblicher Gesinnungstäterschaft schlicht unterdrückte - Aufforderung an den Senat, Lafontaines Kurs zu unterstützen - Beschluß des Unterbezirks Bremen-Ost für die positionen Lafontaines sei nur am Rande vermerkt. Was nützt es, Beweis zu führen, wo dumpfe Besserwisserei oder zum Programm erhobene Ignoranz regiert. Achtung (siehe eingangs) - bewahre, wir begehren sie nicht. Wohl aber scheint es uns nicht unbillig, wenn wir uns für unsere stets prompt überwiesenen 32,50 Abo-Märker eine im Umgang mit der objektiven Faktenlage wahrheitsgetreue, mindestens aber korrekte Frühstückslektüre wünschen. Oder sollte auf Eure so oft gestellte Frage „Warum ich taz lese“ folgende Antwort zutreffend sein? „taz, na klar: null Toleranz, viel Arroganz, Wahrheit zwecklos!“ Wer austeilt, muß einstecken können. Viele Grüße,

Ilse Janz, SPD-Landesvorsitzende