Bremen klagt gegen Mini-Heuern

■ Zusammen mit Schleswig-Holstein in Karlsruhe gegen das „Zweite Schiffsregister“

Den Mund gespitzt haben die Sozialdemokraten schon lange, gepfiffen haben sie erst jetzt, und auch nicht allzu laut. Schon am Dienstag hat der Senat beschlossen, nun doch nach Karlsruhe vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen, um das Gesetz über das „Zweite deutsche Schiffsregister“ zu Fall zu bringen. Bekanntgeben mochte er diesen Schritt nur auf eindringliche Nachfrage. Eigentlich wollten auch das SPD -regierte Nordrhein-Westfalen und die Bundestagsfraktion der Partei mitziehen. Beide haben in

zwischen Abstand genommen. Nur Schleswig-Holstein trägt Bremens Normenkontrollklage mit.

Zur Erinnerung: Das Gesetz über das Zweite Schiffsregister trat im April des vergangenen Jahres in Kraft. Es erlaubt bundesdeutschen Reedern, ausländische Seeleute zu den billigien Tarifen ihrer Heimatländer anzuheuern. Voraussetzung ist nur, daß die Reeder ihre Schiffe aus dem offiziellen in zweite Register umschreiben lassen.

Zwei Drittel der Schiffe unter

Scharz-Rot-Gold sind seitdem in das billige Register übertragen worden. Die Folge: 556 Arbeitsplätze für deutsche Seeleute gingen verloren, 400 Matrosen aus Birma, den Philippinen und anderen Billiglohnländern wurden angeheuert. Die Bonner Regierungskoalition wollte mit dem Zweitregister das Ausflaggen stoppen, und die deutschen Reeder aus den Registern von Panama und Zypern zurückholen, wohin sie wegen niedriger Löhne und Abgaben geflüchtet waren. Nur 25 Schiffe sind bisher aus diesen

Billigflaggen wieder zurückgekehrt - alle ins Zweite deutsche Register.

Auf diesen Schiffen arbeiten nun gemischte deutsch -ausländische Mannschaften. Dabei ist neu, daß die Ausländer für die gleiche Arbeit nur rund ein Drittel des Lohns bekommen, und daß für sie Arbeitsverträge gelten, die nicht dem bundesdeutschen Arbeitsrecht entsprechen, sondern dem ihrer Heimat-Diktaturen. Solche Verhältnisse auf deutschen Schiffen widersprächen dem Gleichheitsgebot des Grundgesetzes, argumentiert die Bremer Klagschrift gegen das Zweitregister-Gesetz, ebenso wie dem Schutz der Menschenwürde.

Otger Kratsch, Senatsdirektor in der Hafenbehörde nennt noch einen weiteren Verstoß gegen das Grundgesetz: „Die Kampfparität zwischen Tarifpartnern wird verletzt. Denn die Reeder können ihre Bedingungen verbessern indem sie einfach in ausländisches Tarifrecht flüchten. Dazu brauchen sie nur ihre Schiffe im Zweitregister anzumelden.“

Die Gewerkschaft ÖTV, die auch die Seeleute vertritt, hatte schon in März Verfassungsklage gegen das Zweitregistergesetz erhoben. Verglichen damit hat die Normenkontrollklage der Bundesländer größeres Gewicht: Sie zwingt die Karlsruher Richter, das gesamte Gesetz zu überprüfen, die Verfassungsklage der Gewerkschaft kann dagegen nur einzelne Bestimmungen in Frage stellen.

mw