Wohnsilos, tote Seen und giftige Gase

■ Wie steht es um die Umwelt in Hohenschönhausen? / Ausstellung in Ex-Stasi-Villa / Umweltamt sammelte Daten

Hohenschönhausen. Selbst eingesessenen Hohnenschönhausenern ist das idyllisch gelegene Mies-van-der-Rohe-Haus in der Oberseestraße 60 unbekannt. Wurde es doch jahrelang für die umliegenden Stasi-Nobelschuppen als Aufenthaltsraum genutzt und hatte nicht zu interessieren. Das vom Bauhaus -Architekten 1932 entworfene, leider durch Veränderungen teilweise verschandelte Kleinod ging nun Anfang des Jahres in den Besitz der Kommune über und ist der Öffentlichkeit zugänglich. Dort, wo einst die (Stasi-)Hohen schön hausten, konnte frau/man sich noch bis Freitag zum Thema Umweltschutz informieren.

Sage und schreibe eine Person durfte sich unter SED -Herrschaft im Stadtbezirk hauptamtlich (nicht) um den Umweltschutz kümmern. Seit Februar sind nun 16 Mitarbeiter im Umweltamt dabei, praktisch aus dem Nichts den ganzen Schmutz-Wust aufzuarbeiten. „Zunächst müssen wir mit den beiden Öko-Gruppen, den Grünen und der Kreishygieneinspektion die mangelhaften Analysen vervollständigen“, erläutert Sieglinde Schreckenbach vom Umweltamt. Im Territorium gibt es allein 22 Objekte, auf denen Gifte der Abteilung II (Klasse giftige Stoffe) verwendet, gelagert oder umgeschlagen werden sowie sieben Betriebe, die mit hochgiftigen Stoffen umgehen. Der Chemiehandel in der Marzahner Straße sei nur einer der Betriebe, in denen „die Voraussetzungen nicht gegeben sind, daß nichts passiert“. In neun Betrieben bestehe die Gefahr des Freiwerdens toxischer Gase. Alle zeigen sich nach Aussage von Frau Schreckenbach an der Lösung der Probleme interessiert, doch die Möglichkeiten seien begrenzt.

Im Gegensatz zu diesen von den BürgerInnen ungeahnten Risiken gab es zur Luftverschmutzung bisher eine Vielzahl Eingaben. Immerhin setzen 29 Anlagen Rauchgase frei. Bei der Frage nach den Verschmutzungsdaten der Hohenschönhausener Luft müssen die Schützer jedoch passen. Werte für den Stadtbezirk können nämlich nicht ermittelt werden, da keine Meßstation existiert.

Spezialistin ist Sieglinde Schreckenbach im Gewässerschutz. „Neben zahlreichen ökologisch wertvollen Teichen und Tümpeln sind von uns 50 Kilometer Wassergräben zu überwachen.“ Was neben dem Umweltbewußtsein vor allem fehlt, ist der Anschluß von zehn Siedlungen an das Abwassernetz. Uralte Sammelgruben dürften hier nicht mehr den Umweltbestimmungen entsprechen, die Überdüngung der Landwirtschaft tat das übrige.

Die Analysen der vier größeren Seen reichen von Beschreibungen wie „Natürlicher Zustand“ bis hin zu „Kloake“. Sauber ist der Gehrensee, und auch der Orankesee eignet sich noch zum Baden. Striktes Badeverbot besteht weiterhin im „Malchower“, in dem massenhaft Blaualgen wuchern und risikofreudige Schwimmer mit Ekzemen rechnen müssen. So gut wie tot ist der Obersee. Als Ursachen werden Einleitungen aus der Regenwasserkanalisation der Umgebung genannt.

Joachim Hänsch