Destruktive Dilettanten aus der Asche

■ Ministerpräsident Andreotti als Verteidiger von Italiens Schwäche nach dem dürren 1:0 gegen die USA / Tor: Giannini

Rom (dpa) - Zwei berühmte Entwicklungshelfer des US-Fußballs hätten dem WM-Topfavoriten Italien beinahe einen Bärendienst erwiesen. „Vicini, laß es langsam angehen. Das Spiel gegen die USA hast du schon vor dem Anpfiff gewonnen“, ließ Giorgio Chinaglia Italiens Chefcoach ausrichten. Franz Beckenbauer, wie Chinaglia und Pele früher in Diensten von Cosmos New York, meint gar: „Die Fußballer in Nordamerika sind immmer noch Dilettanten.“

Die WM-Gastgeber von heute und morgen boten den 73.423 Fans im Olympiastadion von Rom eine erschreckend schwache Vorstellung. Kein geringerer als Ministerpräsident Giulio Andreotti fühlte sich aufgerufen, die „Squada Azzurra“ zu verteidigen: „Besser zwei Punkte gewonnen und schlecht gespielt als umgekehrt.“ Die US-Boys aus Arizona und Kalifornien spielten fast nur destruktiv, und die italienischen Superstars vermochten den dichten Abwehrriegel des namenlosen Gegners nicht zu knacken.

Bergomis Versuch einer Erklärung: „Die USA haben unter der 1:5-Niederlage gegen die CSFR sehr gelitten und sich nur auf die Verteidigung konzentriert. Sie haben uns nicht spielen lassen und die Freiräume geschlossen. Hauptsache für uns: Wir sind im Achtelfinale.“

Azeglio Vicini rang sich sogar zu einem Kompliment für die US-Boys durch. „Der Ausrichter der WM 1994 hat gelernt. Die Spieler sind athletischer geworden und haben auch schon etliche Lektionen in Sachen Taktik begriffen. Die Ergebnisse der vermeintlich 'Kleinen‘ bei dieser WM unterstreichen, daß viele im Aufbruch sind.“

Alles schien nach Gianninis Tor (12.) seinen normalen Gang zu nehmen, doch nach Viallis Elfmeterschuß (33.) gegen den Pfosten bekam das Spiel des dreimaligen Weltmeisters einen deutlichen Knacks.

Kein Wunder, daß Vicinis Kollege Bob Gansler vor Genugtuung und Selbstbewußtsein beinahe platzte. „Wir haben gegen Italien unser wahres Gesicht gezeigt. Die gebotenen Leistungen stimmen mich optimistisch. Darauf läßt sich aufbauen. Man muß bedenken, daß bei uns alles aus Asche entstanden ist“, freute sich der Coach.

Italien: 1 Zenga - 2 Baresi - 3 Bergomi, 6 Ferri - 17 Donadoni, 10 Berti, 11 de Napoli, 13 Giannini, 7 Maldini 21 Vialli, 16 Carnevale (52./19 Schillaci)

USA: 1 Meola - 5 Windischmann - 3 Doyle, 15 Armstrong - 20 Caligiuri, 17 Balboa, 7 Ramos, 6 Harkes, 4 Banks (81./14 Stollmeyer) - 16 Murray (82./9 Sullivan), 10 Vermes

Zuschauer: 73.423

Tor: 1:0 Giannini (12.)