Wie man macht, was nicht geht

■ Wie die die Mozart-Oper „Gärtnerin aus Liebe“ gemacht wurde und warum das an einner Bremer Schule strukturell unmöglich ist

Das 6. Schultheaterfestival ist zuende. Aber wie es zur Aufführung der veritablen Mozart-Oper Gärtnerin aus Liebe„ durch SchülerInnen kam, zudem einer, für die es in der BRD gar keine Noten gibt und die - Jugendwerk, umgearbeitet, neuübersetzt - BRD-premiert wurde, das soll hier ein bißchen Staunen wert sein. Denn das war eine Aufführung, bei der nicht nur Fans und Fetterles im Schlachthof ins Zwischen-und Szenenapplaudieren gerieten als familärem Wohlwollen, das war nicht Gutgemeintes, über dessen Schwächen man den bekannten Formeln von der Spielfreude hinweggehüpft werden müßte.

Das Orchester, aus Goethe-Theaters Fundus von Kopf bis Fuß in Rokoko und extra unversteckt auf der Bühne, war musikalisch oft ausgezeichnet, BläserIn

nen, eine Oboe vom Transparentesten, StreicherInnnen, die filegran Schwierigstes mal mit Schwung hinkriegten, mal erstaunlich selten - kritzkratzend in den Sand setzten. Und die SängerInnen: manche sangen mit ihrer „natürlichen Stimme“ in größter Selbstverständlichkeit und unterstützt von einigen vor der Kulisse stehenden „ChoristInnen“ diese komplizierten, schrägen, halbtonigen Arien rauf und runter, als sei nichts dabei außer der schiere Spaß an der Freud. Manche, so der Nardo, die Serpetta, der Podesta, singspielten mit einem schnellen Witz und und einem funkelnden Jux, wie sie sich bei keinem Profi erhalten würde. Das, die unfreiwillige Komik anderer SängerInnen, deren Gestik oder Mimik wirkte, wie sie es selbst nicht ahnten, mischte

sich mit den bewußt gesetzten Verfremdungen Mozarts. Der nimmt mit der Musik die Texte, mit den Texten die Chraktere und mit den Trägern die höfische Etikette und die Geschlechter hoch. Das quirlt sich zusammen zu etwas einmalig Spannendem, Witzigen, Lebendigen. Wie also macht man Unmögliches möglich, Schweres leicht und das innerhalb einer Stufenschule. Frage an Ingrid Galette-Seidl.

Nein, darum, ob das möglich ist, sagt die, haben sie sich nicht so gekümmert. Sie kennt Opern an der Schule nur als zum Play-back aus der Dose gespielte. Die Lehrerin Am Rübekamp hat die „Gärtnerin“ musikalisch geprobt und dirigiert, einschließlich der „Sprünge“, die ihr besonderen Spaß gemacht haben. Wenn das Publikum zwischenaupplaudierte, und die Sängerinnen irgendwo die wackeren StreicherInnen fehlsynchron vorausgeeilt waren.

Eigentlich hatte sie nach der G-Dur-Missa von Bach, die sie im Sommer 88 aufgeführt hatten, nach moderner Musik gesucht. Die SchülerInnen, mit denen sie jetzt seit 3 bis 4 Jahren kontinuierlich arbeitet, d.h. singt, seien aber beim ersten Vom-Blatt-Singen gleich von dem Mozart nicht mehr losgekommen. Das hat auch an der witzigen und modernen Übersetzung von Ernst Legal und Hans Henny Jahn gelegen, die, - bisher nur in der DDR - gespielt, samt Noten per Moped und für

250 Mark vom Henschel-Verlag in Ost-Berlin heranentführt wurde. „Und,“ sagt Ingrid Seidl-Galette,“ ich wußte, so viele, so gut ausgebildete Schüler hatte ich noch nie, mit denen kannst Du das wagen.“

Dann kam ein dreiviertel Jahr proben, in der letzten Zeit jeden Tag ab 16 Uhr, bis abends oft nach 22 Uhr. Dazu die Klausuren, die Oberstufenschüler nun mal schreiben müssen, auch manchmal täglich. Nach den Sommerferien kam das „Botanische Operorchester“ dazu, zusammenge

liehen und -gesetzt von verschiedensten Bremer Schulen und von der Jugendmusikschule.

Neben dem Musiklehrermangel wird die Musikausbildung an Bremer Schulen richtiggehend behindert, sagt Ingrid Galette -Seidl. Alle die Schüler, die z.B. an ihrer Arbeiter -/Angestelltenschule ein Instrument lernen würden, können das mangels Lehrer nicht. Die Schüler des „Botanischen Opernorchesters“ haben ihre Instrumente auf Kosten von Eltern zwischen Oberneuland

und Schwachhausen gelernt, die das zahlen können, privat. „Wenn wir eine durchgehende z.B.eine Gesamtschule hätten, dann könnte man z.B. einen Chor aus allen Jahrgängen zusammensetzen. Das ist auch ein Grund, warum überhaupt keine Musik mehr in den Schule gemacht wird. Alles, was besseres Niveau hat, wir jetzt außerhalb der Schule gemacht.“ Wenn man nicht, wie bei dieser Aufführung aus jedem „unmöglich“ ein „das probieren wir mal aus“ macht.

Uta Stolle