Ein Jahr später

Wedding. In der Frauenredaktion steht nun ein Betonmischer, die „Sportkabine“, ein etwa fünf Quadratmeter großer Sperrholzeinbau zur Abtrennung von Matti und Thömmes, ist längst weg. Da, wo einst „Chefredakteurin“ Georgia Tornow hauste, ist das Farbenlager der Maltruppen. In der Kantine, der einstigen Mehrzweckhalle der taz („Das ist ja die Hölle“), wachsen Wände aus grauen Glasbeton- und Glasbausteinen hervor. Das Medienklo, ehemals Hort des Pale Writers Wiglaf D., wird wieder zum richtigen Klo. Aber was wird aus Till Meyers selbstgewählter Arbeitszelle? Etwa eine Besenkammer? Gestern vor genau einem Jahr zog die taz aus einem blaßgelb-gekachelten Industriezweckbau in der Weddinger Wattstraße in die Kreuzberger Kochstraße, ins einstige Zeitungsviertel. Und in die Räume der größten deutschen Zeitungs-WG zieht nun der Mikroelektronik -Hersteller Digalog, DDR-Bautrupps (VEB Stuna) schaffen überall und beseitigen die Spuren von „zehn Jahren Pressefrechheit“. Auch im Treppenhaus ist schon alles gesäubert und übermalt. Die Grafitti von empörten Lesern sind fast alle weg. Nur kurz vorm Hintereingang prangt noch ein letzter, böser Rest: „tazlinke Spießer“.

kotte