Thema Jugendgangs: Sozis „wild entschlossen“

■ Bereichsübergreifende SPD-Arbeitsgruppe will sich mit „gewaltbereiten“ Jugendlichen beschäftigen / Polizei nicht alleinige Lösung / Selbstwertgefühl der Jugendlichen soll gestärkt werden / Wenn gar nichts hilft und keiner weiter weiß, hilft immer eine Kommission...

West-Berlin. Um das Thema „Jugendbanden“ und die „zunehmende Gewaltbereitschaft“ Jugendlicher in den Griff zu bekommen, rotteten sich SPDler jetzt in einer fachübergreifenden Arbeitsgruppe zusammen. VertreterInnen der Bereiche Jugend und Schulpolitik sowie Ausländer- und Innenpolitik wollen dort konzeptionelle Lösungsansätze entwickeln.

Etwa 500 Jugendliche in West-Berlin gehören nach Angaben des ausländerpolitischen Sprechers der SPD, Barthel, den von der Kripo auf 20 geschätzen Jugendbanden der Stadt an. Allein in den Monaten März, April und Mai wurde gegen 585 jugendliche Tatverdächtige ermittelt. Das Problem dürfe laut Barthel aber nicht nur der Polizei überlassen werden, auch die von der CDU geforderte Sonderkommission gegen ausländische Jugendbanden widerspricht der SPD-Linie. Zwar hätten etwa 60 Prozent der von der Polizei erfaßten Jugendlichen nicht-deutsche Eltern, doch auch diese Jugendlichen seien hier sozialisiert worden und dürften deshalb keine restriktiven Sonderbehandlungen erfahren. Das kommunale AusländerInnenwahlrecht noch vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes in West-Berlin gesetzlich zu verankern und somit ein politisches Signal zu setzen, lehnt die SPD jedoch ab.

Statt dessen will die Arbeitsgruppe das „Selbstwertgefühl“ der Jugendlichen „stärken“: Durch mehr Jugendfreizeitstätten, Streetworker-Programme, den Ausbau der schulischen Ganztagsbetreuung, der Zusammenarbeit zwischen Lehrern und Polizei sowie einer Erziehung zur „multikulturellen Distanz“.

Auf konkrete Maßnahmen in den vergangenen Monaten dagegen kann die SPD nur bedingt verweisen: Immerhin werden in zwei bis drei Jahren zwei neue Jugendfreizeitheime in Neukölln und Wedding eröffnet, 12.000 zusätzliche Kindertagesstättenplätze wurden bereits geschaffen. Ausreichend Personal in den Kitas aber fehlt. Ein Streetworker-Konzept, das sich auf einen Fond in Höhe von rund 300.000 Mark stützen soll, existiert zwar bereits, von den dafür nötigen 40 Stellen sind laut dem SPD -jugendpolitischen Sprecher, Löhe, jedoch höchstens zehn bis zwölf realisierbar. Für jugendpolitische Bildung wurden jetzt sieben zusätzliche Stellen zur Verfügung gestellt.

Die gestern von der SPD vorgestellte bereichsübergreifende Arbeitsgruppe ist nicht die erste zu diesem Thema. Besonders im Zusammenhang mit dem 1.Mai wurden dazu immer wieder AGs gegründet, die aber mehr oder weniger schnell wieder einschliefen. Eine entmutigende Perspektive auch für die jüngste Initiative? Barthel glaubt nicht daran: „Wir sind schließlich wild entschlossen!“

maz