Blockiert die SPD Rabta-Ausschuß?

Salzgitter-Manager Böhm wegen der Giftgas-Affäre „beurlaubt“ / Bundestag berät heute über die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses / Grüne fragen die SPD nach ihrem Top-Genossen  ■  Aus Mannheim Th. Scheuer

Der Geschäftsführer der Firma Salzgitter-Industriebau (SIG), Andreas Böhm, wurde am Wochenende offenbar wegen seiner Verstrickung in die Rabta-Affäre vom Aufsichtsrat des Gesamtkonzerns Preussag-Salzgitter beurlaubt. Am vergangenen Mittwoch hatte Jürgen Hippenstiel-Imhausen in seinem Geständnis vor dem Mannheimer Landgericht Böhm schwer belastet: Der SIG-Manager habe schon im Herbst 1984 gewußt, daß der wahre Standort der Chemiefabrik in Libyen liege und in Hongkong nur eine Tarnfabrik gebaut werde.

Kurzfristig war für das Wochenende der Aufsichtsrat des Preussag-Salzgitter-Konzerns zusammengetrommelt worden. Zwar wollte die Konzernleitung noch nichts über die Sitzung mitteilen. Doch vor dem Mannheimer Landgericht erklärte gestern SIG-Ingenieur Karlheinz Rubin, sein Chef Böhm sei am Samstag beurlaubt worden. Rubin hatte im Hause SIG zweieinhalb Jahre lang an der Detailplanung für Rabta gearbeitet. Farbfotos der Fabrik in Rabta kommentierte Rubin vor Gericht spontan: „Das ist eindeutig unsere Anlage.“ Nur das Pförtnerhaus vermißte der Zeuge.

Der Bundestag wird auf Antrag der Grünen am Mittwoch über die Einsetzung eines Rabta-Untersuchungsausschusses beraten, der die Rolle des damals bundeseigenen Salzgitter-Konzerns und die Verantwortlichkeit der Bundesregierung zu untersuchen hätte. Nach Meinung der Grünen rückt mit Salzgitter-Chef Ernst Pieper „einer der mächtigsten Industriebosse der Bundesrepublik ins Zentrum des Verdachts“. Voraussichtlich wird der Antrag der Grünen jedoch keine Mehrheit finden, da neben CDU und FDP auch die SPD wahrscheinlich die Zustimmung verweigern wird. Zwar ist nach Einschätzung des SPD-Rüstungsexperten Gansel die Rabta -Affäre „reif für einen Untersuchungsausschuß“, doch habe der U-Boot-Ausschuß gezeigt, so Gansel, daß ein solches Gremium unter Mehrheit und Vorsitz der Regierungsparteien wenig Sinn mache. Außerdem blieben dem Ausschuß bis zu den Wahlen nur wenig Zeit. Gansel schloß jedoch nicht aus, daß sich die SPD-Haltung noch ändern könnte.

„Warum mauert die SPD?“, fragten die grünen Abgeordneten Angelika Beer und Christa Vennegerts gestern in einer Presseerklärung. Die Grünen stellen auch die Frage, ob etwa Salzgitter-Chef und SPD-Parteibuchträger Ernst Pieper über seinen persönlichen Draht zu SPD-Chef Vogel Einfluß genommen habe. Die Arbeit des U-Boot-Ausschusses hatte Pieper, der auch in diesem Exportskandal eine zentrale Rolle spielte, nachweislich zu beeinflussen versucht. Die Grünen erwarten zu Rabta vom „Top-Genossen Pieper“ klare Worte.