Senat nimmt Haltung zum Staatsvertrag an

■ Senat einstimmig für Zustimmen / SPD-Länder einigten sich auf Kompromiß-Lösung / Bremer Anregungen „unerhört“

Der Bremer Eiertanz um den deutsch-deutschen Staatsvertrag ist beendet. Nach wochenlangem Hickhack zwischen Bremer Landes- und Bonner Bundesvorstand der SPD, zwischen Lafontaine-und Vogel-Linie und mehreren abrupten Schlenkern in den eigenen Reihen beschloß der Senat gestern einstimmig: Bremen wird dem Staatsvertrag im Bundesrat zustimmen. In den Entscheidungsprozeß per Telefon und Telefax trotz Ferien einbezogen: Der in den USA weilende Klaus Wedemeier.

Wedemeiers Stellvertreter, Bürgermeister Henning Scherf, der die endlich gefundene Haltung Bremens der Presse erläu

terte, räumte gestern ein: „Die zurückliegenden Debatten waren insgesamt keine Sternstunden sozialdemokratischer Meinungsbildung.“ Wichtigster Grund, sich ein „rechthaberisches Nein“ zu verkneifen, sei für den Senat die Überlegung gewesen: „Wir wollen uns nicht verweigern, sondern ein konstruktives Votum“.

Nach Dutzenden von Telefonaten zwischen den Staatskanzleien aller SPD-regierten Bundesländer und der Bonner Parteizentrale wurde dieser kleinste gemeinsame Nenner am Montag in Nordrhein-Westfalen gefunden. Dem sechsseitigen Entschließungsantrag wollen im Bundesrat jetzt auch das Saarland und Nieder

sachsen, die sich bereits auf ein prinzipielles Nein zum Staatsvertrag festgelegt haben, zustimmen. Er verbindet das grundsätzliche Ja zur deutschen Einheit mit einer scharfen Kritik am bisherigen Stil der Bundesregierung bei ihrer Umsetzung. Für alle weiteren Schritte, insbesondere bei der Verhandlung des zweiten Staatsvertrags, mahnt die Entschließung eine intensivere Beteiligung der Länder durch die Bunderegierung an. Wörtlich heißt es darin, der Entwurf des ersten Staatsvertrags sei nur durch ein „Verstoß gegen das föderative Prinzip des Grundgesetzes“ zustandegekommen.

Scherf gestern: „In dieser Po

sition fühle ich mich zum ersten Mal seit Wochen inhaltlich wohl. Bremens Vorbehalte sind darin voll berücksichtigt.“ Die wortradikalen Schärfe der Kritik an Bundeskanzler Kohl tröstet Scherf offensichtlich auch darüber hinweg, daß sein eigener Vorschlag in der innerparteilichen Debatte kein Gehör fand: In der Bürgerschaft hatte Scherf in der letzten Woche noch angeregt, vor der

Zustimmung noch den Vermittlungsausschuß anzurufen. Davon ist inzwischen keine Rede mehr. Auch die Position von Justizsenator Kröning spielt inzwischen keine Rolle mehr. Kröning hatte die Zustimmung an eine ausdrückliche Zusage der Bunderegierung binden wollen, die Bundesländer künftig komplett und rechtzeitig zu beteiligen.

K.S.