: Angriff der „Aphido Idea“
■ Gartenfreunde stöhnen unter dem Ansturm von Millionen kleiner schwarzer Fliegen
Der rot-grünen Stadt droht eine neue Belastungsprobe. Nachdem Walter der Große durch Mehrheitsbeschluß grüner Royalisten weiterhin König von Berlin bleiben darf, sitzen Abermillionen schwarze Lebewesen in den Grünanlagen dieser Stadt und warten auf den gezielten Destabilisierungsschlag gegen die Untertanen des Jahrhundertsenats. Die berüchtigten fliegenden Schwärme des „Aphido Idea“, auch Blattlaus genannt, verärgern seit Wochen Gartenfreunde und Balkonbesitzer der Preußenhauptstadt. Sie bedienen sich einer hinterhältigen Taktik: In den Baumwipfeln versteckt, scheiden sie aus sicherer Höhe ein klebriges Extrakt aus, das sich vor allem auf Autos als schwer zu entfernender Windschutzscheiben-Schmutzfilm verewigt. Auch Radfahrer klagen über verstärkten Hautbefall von bis dato rätselhaften „honigartigen Tropfen, die einfach vom Himmel fielen“. Von Brillenträgern ganz zu schweigen. Das hinter der Invasion die hofinterne Öko-Opposition steht, wird ausgeschlossen. Die Führungskraft, um Millionen Lebewesen zu dirigieren, ist in ihr nicht vorhanden. Auch die andere Oppositionskraft im Ratspalast, die von der CDU, können es nicht sein: Lieblingsspeise der schwarzen Flieger ist nämlich, ausgerechnet, die deutsche Eiche!
Ein Anruf beim hofunabhängigen „Amt für Pflanzenschutz“ weist einen ganz anderen Weg. Das Wetter! Die Klimakatastrophe etwa? Vielleicht. Fest steht - der Winter war zu warm und die im Herbst gelegten Eier damit vorm Erfrieren gerettet. Seit einigen Wochen schon häufen sich die besorgten Anrufe blattlausbefallener Grünzeugbesitzer. Eine Ahnung wird wach: Nicht das Jahr des Helmut Kohl wird's, sondern das Jahr der gemeinen Blattlaus. Was aber kann man tun? Man könnte beispielsweise, verteilt in der ganzen Stadt, Reservate anlegen. Da pflanzt man Kapuzinerkresse und lockt so die Vielfraße an ganz bestimmte Stellen, um sie hernach abzusprühen und aufzufegen. Oder man bildet eine Art „Bürgerwehr für sattes Grün“ und schickt sie mit Bio-Gas ausgerüstet durch die Gärten und Balkone dieser Stadt. oder: Aus der Öko-Truhe des Hofsenats wird ein Kopfgeld für abgegebene Blattläuse gezahlt, womit jeder einzelne gefordert wäre. Oder aber man macht gar nichts, außer Fußball schauen, und vertraut darauf, das Berlin schon viel schlimmere schwarze Plagen überstanden hat.
Torsten Preuß
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