Keine Brennstäbe unter den Schottenrock!

■ Schottische Atomgegner wollen den Atommüll aus dem Hahn-Meitner-Institut nicht haben / Isländischer Umweltminister schickte Protestbrief nach Bonn / Wiederaufbereitungsanlage in Dounreay bedrohe reiche Fischgründe vor der schottischen Küste

West-Berlin. Nach den Protesten von Zehlendorfern und Potsdamern machen jetzt auch die Schotten gegen den umstrittenen Forschungsreaktor im Hahn-Meitner-Institut (HMI) mobil. Ohne Schottenrock, aber mit hartem Akzent, kritisierte Chris Bunyan von der „Schottischen Kampagne gegen die atomare Bedrohung“ (SCRAM) die Absicht des HMI, die abgebrannten Reaktorbrennstäbe in der Atomfabrik in Dounreay wiederaufbereiten zu lassen. Die Berliner sollten ihre Entsorgungsprobleme selbst lösen und sie nicht auf die Schotten abwälzen, erklärte Bunyan, der auf Einladung der AL nach Berlin gekommen war.

Nach Bunyans Angaben hat der Umweltminister des Inselstaates Island, Julius Solnes, wegen der HMI-Pläne bereits brieflich Protest in Bonn angemeldet. Die Atomzentrale in Dounreay, zu der ein Schneller Brüter und zwei Wiederaufbereitungsanlagen gehören, liege direkt am Meer und bedrohe deshalb die reichen Fischgründe vor der schottischen Küste. Auch die Regierung der (dänischen) Faröer Inseln und die norwegischen Behörden seien verärgert über die Berliner Atommüll-Pläne, erzählte Bunyan.

Seit 1972 war in der im Jahr 1956 erbauten WAA in Dounreay lediglich britischer Nuklearabfall behandelt worden. Weil die Londoner Regierung 1996 ihre Subventionen zusammenstreichen wolle, suche die Atombehörde, die Dounreay betreibt, jetzt neue Einnahmequellen für die Anlage, berichtete Bunyan. Sie bereite neben dem Vertrag mit dem HMI auch Kontrakte mit Forschungsreaktoren in Spanien und den Niederlanden vor, berichtete der schottische Atomgegner. Diese Geschäfte seien erst der Anfang, fürchtet er. Weil weitere Atommüllimporte - in Dounreay spreche man von 50 neuen ausländischen Vertragspartnern - auf dem Fuße folgen würden, bedeute ein Vertrag mit dem HMI eine „sehr wichtige und sehr gefährliche Entwicklung“ für die Betroffenen im hohen Norden.

Der AL-Abgeordnete Hartwig Berger unterstützte den Protest: Die „ungelösten Probleme“ West-Berlins dürften nicht nach Schottland verlagert werden. Ohne vernünftigen Entsorgungsnachweis, so Berger, könne er eine Genehmigung für den Reaktor nicht geben. Wie berichtet, hatte auch Umweltsenatorin Schreyer eine Entsorgung in Dounreay mit „großen Fragezeichen“ versehen. Wenn die Schreyer-Behörde „erklären würde, daß sie einverstanden ist“, würde das HMI den vorbereiteten Vertrag mit Dounreay unterschreiben, erklärte gestern Instituts-Sprecher Robertson. Die Proteste in Schottland und Skandinavien seien „zunächst mal eine Angelegenheit der Briten“, meinte der Sprecher. Die Londoner Behörden müßten dafür sorgen, daß in Dounreay „die europäischen Normen eingehalten werden“.

hmt