Serpentin und Freiheit in den Köpfen

■ „10 Jahre Zimbabwe“ / Ausstellung im Übersee-Museum

Die Frau ist ein Schwein, das ist klar. Ob sie als holzgeschnitzte Schwarze mit ihrem schnurrbärtigen weißen Gigolo händchenhaltend einen Hocker stützt oder in anderen Situationen: In den Arbeiten des Bauernsohnes, gelernten Maurers, und mittlerweile weltweit erfolgreichen zimbabwischen Holzschnitzers Zephania Tshuma ist die Frau Schwein. Arbeitsschwein, Dreckschwein, Spar- oder Glücksschwein - Tshuma muß es wissen, als traditionell polygam lebender Ehegatte und Arbeits-Auftraggeber verfügt er gleich über mehrere.

Zehn Jahre nach dem Ende des rassistischen Staates im südlichen Afrika, der auf den Kolonialisten-Namen Rhodesien hörte, lebt Zimbabwe in der Spannung zwischen der neuen Energie und Kreativität, die die gesellschaftlichen Errungenschaften freisetzen und der alten Beschränkung durch traditionelle Lebensformen und die eingegrabene

Knechtschaft. Zwar ist es gelungen, das alte rassistische Regime nicht durch ein neues umgekehrt rassistisches zu ersetzen, sondern die weiße Minderheit, die über beträchtlichen ökonomischen Einfluß verfügt, in die neue Gesellschaft zu integrieren, ist es gelungen, die Landwirtschaft des fruchtbaren Landes zu entwickeln, ein Bildungssystem aufzubauen und, zumindest juristisch, auch für Frauen gleiche Rechte zu schaffen, aber daneben leben die alten Formen weiter. Am Beispiel der fehlenden Repräsentanz der Frauen und ihrer Arbeit wird dies deutlich in der Ausstellung „10 Jahre Zimbabwe: Kunst + Geschichte“, die heute im Übersee-Museum eröffnet wird.

Auf Anregung des damaligen Bremer Kultur-Senators Horst Werner Franke und unter der Schirmherrschaft der Staatspräsidenten Robert Mugabe und Richard von Weizsäcker hat Helke Kammerer-Grothaus über ein

Jahr lang an dieser Ausstellung für das Übersee-Museum gearbeitet. Aus verschiedenen Sammlungen in Zimbabwe und Europa hat sie Ausstellungsstücke aus den verschiedenen Themenbereichen Vorgeschichte, Kunstgeschichte, aktuelle und Gebrauchs-Kunst zusammengestellt, eine Dokumentationsabteilung mit Schrifttafeln entworfen, die vor allem die gesellschaftliche Entwicklung seit der Staatsgründung erläutern.

Schwerpunkt der Ausstellung, die sich in den viel zu engen Sonderausstellungsräumen des Museums drängt, ist die moderne Plastik. Bildhauerei meist aus dem in Zimbabwe häufigen, wei

chen und deshalb gut zu bearbeitenden Stein Serpentin, an der Helke Kammerer-Grothaus sehen zu können meint, wie im Lauf dieser zehn Jahre die Freiheit in den Köpfen der Künstler wächst und gedeiht. Auf tischhohen Sockeln reihgliedrig aufgebaut, finden sich natürliche Formen in den verschiedenen Graden der Abstraktion. Verfremdete Tiermotive, menschliche Gestalten, Reliefs, die dem Fels weitgehend seine Form lassen. Oft erinnern die Skulpturen an Motive und Ausdrucksweisen der klassischen Moderne, doch sind sie gehauen von Künstlern, denen die europäische Kunstgeschichte nach wie vor unbekannt ist.

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