Beckmeyer: Marokko ist positiv

■ Nach Handelskammer-Kritik besuchte Senator marokkanischen Botschafter

Der Streit um die mutigen Worte des Bremer Senators Uwe Beckmeyer zum Westsahara-Konflikt ging gestern in eine neue Runde - an deren Ende die Senatorworte einiges von ihrer Couragiertheit eingebüßt hatten: Erstens hatte die Handelskammer den Bremer Bürgermeister Wedemeier brieflich aufgefordert, „sich von den fraglichen Äußerungen des Wirtschaftssenators zu distanzieren.“

Beckmeyer hatte als erster bundesdeutscher Politiker das Wort „Wirtschaftssanktionen“ in Zusammenhang mit Marokko in den Mund genommen. Marokko sei das letzte Land, daß auf der Dekolonisierungsliste der UNO stehe. Wenn Marokko sich in der Westsahara-Frage nicht bewege, und kein Referendum unter der sahrauischen Bevölkerung zulasse, werde es, so Beckmeyer, „in Westeuropa ein zunehendes Nachdenken darüber geben, wie man Druck ausüben kann.“

Zweitens wurde gestern bekannt, daß die Handelskammer aus Protest ihre Mitarbeit im „Bremer Business Bureau“ vorläufig eingestellt hat. Dies ist ein Koordinationsbüro, in dem staatliche Stellen und WirtschaftssvertreterInnen ihre Auslandskontakte absprechen. Begründung der Handelskammer: Wirtschaftssenator Beckmeyer habe seine Reise in die Flüchtlingslager der Sahrauis, in denen er Hilfsprojekte von sechs Bundesländern eingeweiht hatte, nicht mit dem „Business Bureau“ abgestimmt. Eine Abstimmung sei aber erforderlich, da Marokko schon vor vier Jahren angesichts der Bremer Westsahara-Politik damit gedroht habe, seinen Fruchtimport von Bremen nach Hamburg zu verlagern. Eine Drohung, die es, so gestern der Presseattache der marokkanischen Botschaft, „niemals gegeben“ habe. Wer so etwas behaupte, schädige Marokkos Ruf.

Drittes Ereignis des gestrigen Tages: Der Wirtschaftssenator meldete sich zu Wort, um „in aller Deutlichkeit“ die „überzogenen Reaktionen“ der Handelskammer zu kritisieren: Er „lehne es strikt ab, sich Reisetermine von der Kammer diktieren zu lassen.“ Doch Beckmeyer hatte noch etwas mitzuteilen, und das hörte sich ganz und gar nicht mehr kämpferisch an: Er habe am Dienstag abend in Bonn ein Gespräch mit dem marokkanischen Botschafter geführt. Beckmeyer weiter: „Ich habe den festen Eindruck gewonnen, daß das Königreich Marokko dem geforderten Referendum inzwischen positiv gegenübersteht und damit den von der UNO geforderten Selbstbestimmungsprozeß ermöglichen wird.“

Auf welche Indizien er diesen schnellen Meinungsumschwung stützt, teilte er nicht mit. Für den Vertreter der Sahrauis in Bonn, Jamal Zakari, gibt es solche Indizien nicht: „Bis jetzt gibt es kein Entgegekommen der marokkanischen Seite.“ Denn erst Anfang Juni hatte Marokko bei UN-Verhandlungen in Genf einen Eklat verursacht, indem es 19 Vertreter der Sahrauis von mehreren hundert marokkanischen Polizisten einnschüchtern und zwangsbegleiten ließ.

B.D.