DGB sauer auf den Senat

■ DGB und AL protestieren gegen die Senatspläne, kein Bildungsurlaubsgesetz mit zehn Tagen pro Jahr zu verabschieden / „Das ist ein Bruch der Koalitionsvereinbarungen“

West-Berlin. Als einen „Skandal“ bezeichnet das Vorstandsmitglied des DGB, Horst Jäckel, den Vorgang, daß das Versprechen der rot-grünen Koalition, ein Bildungsurlaubsgesetz zu verabschieden, bis jetzt noch nicht eingehalten wurde. Der Senat hätte bei den Koalitionsvereinbarungen zugesagt, beim Anspruch auf Bildungsurlaub die bisher geltende Altersgrenze von 25 Jahren aufzuheben und die Dauer der Berufs- oder politischen Weiterbildungsmöglichkeit auf zehn Tage pro Jahr festzulegen. „Die Vereinigungseuphorie des Senats geht an den konkreten Interessen der Arbeitnehmer vorbei“ und sei obendrein politisch kurzsichtig, sagte Jäckel gestern.

Hintergrund der Attacke ist, daß am Dienstag die Fraktionsmitglieder der SPD, mit ausdrücklicher Unterstützung des Regierenden Momper, einen gemeinsam von Schulsenatorin Volkholz (AL) und Arbeitssenator Wagner (SPD) erarbeiteten Entwurf zum Bildungsurlaub abgelehnt haben. „Der Berliner Wirtschaft dürfe in dem Prozeß des Zusammenwachsens nicht noch ein Weiterbildungsgesetz aufgebürdet werden, das den Wirtschaftsstandort Berlin zusätzlich belaste“, erläuterte Pressesprecher Heinze die ablehnende Haltung seines Chefs, Senator Mitzscherling. „Ein Bildungsurlaubsgesetz, das über das hinausgeht, was in anderen Bundesländern üblich ist, nämlich fünf Tage im Jahr oder zehn zusammenhängende Tage alle zwei Jahre, ist derzeit nicht zumutbar“, hieß es weiter aus der Senatsverwaltung für Wirtschaft.

Weder die AL noch der DGB akzeptieren diese Gründe. Für die AL ist die Ablehnung des Entwurfs ein neuerlicher Bruch der Koalitionsvereinbarungen, für den DGB nicht nachvollziehbar, warum „Wirtschaftssenator Mitzscherling den Unternehmern hinterherläuft“. Dafür sei er nicht gewählt worden. Die Möglichkeit des Bildungsurlaubs für alle sei Voraussetzung, um einer strukturellen Arbeitslosigkeit, die nicht zuletzt durch den Vereinigungsprozeß gefördert werde, vorzubeugen. Die von Mitzscherling angeführten deutsch-deutschen Sachzwänge möchte der DGB genau umgekehrt interpretiert wissen. Gerade weil die Situation in der DDR mehr Qualifizierungsmöglichkeiten braucht, muß ein Bildungsgesetz mit zehn Tagen verabschiedet werden. „Die AL“, sagt Jäckel, „muß jetzt aktiv werden und die Interessen der Arbeitnehmer in das Abgeordnetenhaus transportieren.“

aku