Bomben auf AKWs - why not?

Die USA und Großbritannien erwägen im Fall eines Krieges Attacken mit konventionellen Waffen auf AKWs und Chemieanlagen / USA wollen keine militärische Option ausschließen  ■  Aus Washington A. Zumach

Die US-Regierung sieht als eine Option für den Fall eines Krieges in Europa oder anderen Regionen den Beschuß atomarer Kraftwerke mit konventionellen Waffen vor. Zu internationalen Vereinbarungen über den Ausschluß dieser Option ist Washington nicht bereit. Doch auch in Westeuropa empfehlen zumindest führende britische Militärs unter Verweis auf Tschernobyl, Atomkraftwerke offiziell in die Zielplanung für konventionelle Waffen aufzunehmen. Das geht aus einer Studie hervor, die das Rüstungsforschungsinstitut „British American Security Information Council“ (BASIC) am Dienstag in Washington veröffentlichte.

Die Studie zitiert zahlreiche offizielle Aussagen von Vertretern des Pentagon und des US-Außenministeriums aus jüngster Zeit. Nach Angaben des Pentagon-Vertreters werden „Attacken gegen AKWs erwogen - zur nuklearen Eskalation, als Signal an den Gegner, den Krieg zu stoppen“. Gary Samore, Assistent des US-Sonderbotschafters für Fragen der atomaren Nichtweiterverbreitung, erklärte: „Wir wollen kein mögliches Objekt von der Zielplanung ausnehmen. Das Pentagon reagiert allergisch auf die Vorstellung, irgendeine militärische Option auszuschließen, mit Ausnahme - vielleicht - des Beschusses von Krankenhäusern.“

In der Genfer UNO-Abrüstungskonferenz, auf deren Tagesordnung das Thema steht, haben sich die USA, aber auch Frankreich bislang geweigert, einer Vereinbarung über das Verbot von Angriffen auf AKWs eines Kriegsgegners zuzustimmen. In einer Rede vor dem Londoner King's College empfahl der Vizeadmiral der britischen Luftwaffe, J. R. Walker, seinen Militärplanern, die „verbesserte Zielgenauigkeit und Zerstörungsfähigkeit“ konventioneller Waffen sowie die „hohe Verwundbarkeit“ moderner Kraftwerke und Industrieanlagen zum Anlaß für eine entsprechend veränderte militärische Zielplanung zu nehmen. Walker: „Tschnernobyl hat demonstriert, daß man den großen Hammer in Form einer Nuklearwaffe nicht mehr braucht - er ist bereits da -, es bedarf nur noch des Zünders.“ In den Arsenalen von Nato- und Warschauer Vertragsstaaten befinden sich heute konventionelle Waffen, mit denen selbst die härtesten Reaktorbehälter zerstört werden können.

In Europa stehen 240 AKWs (183 ohne UdSSR), 39 weitere sind derzeit im Bau; 1.861 chemische Anlagen allein in den zwölf EG-Staaten werden bereits in Friedenszeiten rund um die Uhr sicherheitsüberwacht. Viele dieser Energie- und Industrieanlagen liegen in unmittelbarer Nähe von vorrangigen Objekten der gegnerischen Zielplanung: Militärbasen, Häfen, Eisenbahnschnittpunkte etc. Die BASIC -Studie nennt als herausragende Beispiele die chemischen Industrien am Hafen von Antwerpen und die atomare Wiederaufbereitungsanlage La Hague, die in unmittelbarer Nähe der Hauptbasis für Frankreichs strategische U-Boot -Flotte liegt.