Peripherie: Berlin und Terracina

Berlin-Terracina, eine Fünfstunden-Anreise, weg aus der wetterwendischen, hektisch mit Vereinigung und Fremden beschäftigten deutschen Doppelstadt, hin zu einer der Perlen an der Via Appia zwischen Rom und Neapel, mit kilometerlangem Strand, dem Jupiter-Tempel über der Stadt, mittags Siesta, abends Corso - Übersichtlichkeit, Metropole und Provinz - zwei Welten.

Zwei Welten? Ein kurzzeitig niesliger Tag, wie gemacht für den Erfahrungsaustausch auf einem Insider-Kongreß, schärft den Blick für Gemeinsamkeiten: Touristen überschwemmen Straßen, Sehenswürdigkeiten, Kneipen - ein besetztes Gebiet. Die Spannungsbögen des Jahrhunderts ziehen die eine wie die andere Stadt in ihr bipolares Kraftfeld.

Terracina lebt schon lange den italienischen Nord-Süd -Konflikt, als Windfang zum „Mezzogiorno“, nun wird diese Rolle internationalisiert und spitzt sich damit zu: Afrikaner, oft heimlich an Land gesetzt, treffen hier auf „die Festung Europa“.

In Berlin landen statt der Boote Busse. Nach 40 Jahren Kaltem Kieg ist das Tor tatsächlich offen, die Stadt erste Anlaufstelle für Polen, Rumänen, Russen bei der Erkundung der West-Welt. Der neue Ost-West-Konflikt ist dem zwischen Nord und Süd ähnlich geworden. Am Ort bedeuten die globalen Konflikte zunehmende Spannung zwischen Einheimischen und Fremden. Zivilisiert ist dieser latente Streit wenig, Geld & Geschäft als Schmiermittel verdecken den täglichen Kulturschock nur notdürftig.

Wo es unübersichtlich wird, wird die Provinzialität dem Internationalismus vorgezogen, in Berlin wie in Terracina. Die Herausforderung, multikulturell zu leben, ist noch nicht angekommen.

Giorgia Tornow